Gisa Klönne
Nacht ohne Schatten
Ullstein gebunden
In einer regnerischen Nacht wird Judith Krieger zum Schauplatz eines Mordes gerufen: Der Fahrer einer S-Bahn liegt erstochen neben seinem Zug. Vergeblich sucht sie nach Spuren oder Zeugen.
Der Roman wurde mit dem "Friedrich-Glauser-Preis 2009 - Roman" ausgezeichnet.
Rezension:
Von Anfang an geht es Schlag auf Schlag:
Wie Klönne diese vielen Mosaiksteine jeder einzelne schon schwerwiegend und facettenreich genug, um ein eigenes Buch zu füllen am Ende zu einem dreidimensionales Gesamtbild zusammenfügt, das ist ganz großes Kino.
Bis hin zu den kleinsten Nebenfiguren steht hinter jedem Gesicht eine Geschichte:
Und immer wieder Judith, die Frau mit den Sommersprossen und wilden Locken, die morgens im Bett nur neben Tarotkarten aufwacht
Gut, dass sie Kollegen Manni hat zu dem das Verhältnis zwar nicht ungetrübt ist, der ihr aber im Ernstfall doch immer wieder beisteht.
Doch alle wachsen an diesem Fall, der sie nicht nur ins Großbordell und die Künstlerszene führt, sondern hart an die eigenen Grenzen bringt.
Gisa Klönne hat in den ersten drei Bänden um die Kölner Kommissare Krieger und Korzilius bewiesen, dass Spannung und inhaltliche Tiefe eine sehr harmonische Verbindung eingehen können.
Miss Sophie
ISBN 978-3-550-08716-5
Wenig später findet sie in der Nähe der Gleise eine misshandelte junge Frau. Doch die kann nicht aussagen und ringt mit dem Tod.
Als Judith zusammen mit Manni Korzilius die Ermittlungen aufnimmt, steigt Unbewältigtes wieder an die Oberfläche: Ihre Vergangenheit im Frauenhaus, wo sie während des Studiums als Nachtwächterin jobbte.
Muss sie dorthin zurückkehren, um diesen Fall zu lösen?
Und während Manni Judith immer weniger versteht, wittert ein anderer ihre Schwäche: Jemand, der Frauen verachtet und auch vor Mord nicht zurückschreckt.
Jemand, der Judith sehr gefährlich wird.
Zwei Jahre nach Unter dem Eis ist Judith Krieger (hier umfangreich von der Autorin selbst portraitiert) wieder da. Und auch in diesem Fall muss sie sich mit der eigenen Vergangenheit und der Person, die sie einmal war, auseinandersetzen.
Im Prolog eine Szene von erdrückender, beklemmender Willkür, Terror und Tod.
Dann ein erstochener S-Bahn-Schaffner, ein anonymes Opfer häuslicher Gewalt, ein Brand mit Todesfolge und ein Kellerverlies, das beredtes Zeugnis liefert vom Schicksal eines zur Prostitution gezwungenen Mädchens.
Sei es Thea, die Künstlerin, die trotz (oder gerade wegen?) ihrer Behinderung nach außen so hart ist wie die Steine, die sie bearbeitet
Ekaterina, die ihre deutsche Wahlheimat liebt, weil sie dort im Winter nicht festfriert und doch beständig in der Angst lebt, einen Fehler zu machen
Die geschundene Ehefrau, die verwirrte Obdachlose, das skurrile Künstlervolk, die engagierten Frauen der Hilfsorganisationen
Die Polizistin mit Jurastudium hat Instinkt, sie hat Biss und stößt dennoch zuweilen auch die, die sie eigentlich mag, vor den Kopf.
Wenn sie einmal von einer Sache überzeugt ist, geht sie unerschrocken ihren Weg und lässt sich auch von den Ermahnungen der Vorgesetzten nicht beirren.
Dass so eine Frau sich dabei nicht selten in Gefahr für Leib und Leben begibt, ist unausweichlich.
Auch er hat sein Päckchen zu tragen, ist in Sachen zwischenmenschliche Beziehungen mehr als unbeholfen, leidet unter den eigenen Fehlern der Vergangenheit.
Und sie hat eine viel versprechende und tragfähige Basis für eine Reihe gelegt, die gerne noch sehr lange weitergeführt werden sollte.