Petra Schier
Verrat im Zunfthaus
(3. Band Adelina)
Bei einem Besuch im Zunfthaus entdeckt die junge Apothekerin Adelina die übel zugerichtete Leiche einer jungen Frau. Kurz darauf verschwindet deren Verlobter, ein Zunftmeister.
Rezension:
Miss Sophie
Rowohlt TB
ISBN 978-3-499-24649-4
Alle gehen von einer Eifersuchtstat aus - bis auch er tot aufgefunden wird.
Adelina hat diesmal andere Dinge im Kopf als die Aufklärung dieses Falls.
Doch dann tauchen Münzen bei ihr auf, die dem Bestechungsgeld der Patrizier an die Zünfte entstammen.
Adelina gerät in den Verdacht, die Stadt Köln verraten zu haben ...
Ein Mann, seine Frau, ihr Vater, ihr Bruder ... sowie diverse Kinder und Gesinde ... - was Petra Schier in ihrem dritten Adelina-Band aufbietet, ist eine prächtige Mischung der unterschiedlichsten Typen, die allein schon bei ihren täglichen Verrichtungen zu beobachten, eine rechte Lust ist.
Kommt dann auch noch ein spannender Kriminalfall hinzu, wie sie die junge, tüchtige Apothekerin förmlich zu verfolgen scheinen, dann ist dies ein Garant für historische Unterhaltung der Güteklasse A.
Wer Schiers Romane noch nicht kennt, wird die Figuren schnell in sein Herz schließen, alle Fans dürfen sich auf 350 Seiten über ein Wiedersehen mit lieb gewonnenen und die Begegnung mit neuen Charakteren freuen:
Die kleine Pflegetochter Griet, traumatisiert durch die Erlebnisse der Vergangenheit, das vorlaute, seiner Herrin nur zu ähnliche Lehrmädchen Mira, die tapfere junge Magd Franziska aus bitterärmlichen Verhältnissen, der sympathische Chirurg und Zahnreißer Jupp, die mysteriöse Hebamme Ludmilla aus dem Wald, der fanatische Dominikaner Bruder Thomasius, sowie die mit ihrer Schwester auf Besuch weilende Schwiegermutter Adelinas - um nur einige zu nennen ...
Autorin Schier (die das Buch übrigens ihrer eigenen sowie allen anderen Schwiegermüttern der Welt gewidmet hat!) gelingt es, das mittelalterliche Köln auf äußerst gelungene Weise zum Leben zu erwecken. Dabei verschweigt sie mitnichten die Grausamkeiten, die an der Tagesordnung sind:
Etwa die Festsetzung bis dato unbescholtener Bürger aufgrund eines fragwürdigen Verdachtsmoments und den nur allzu eilfertigen Einsatz von körperlicher Gewalt und Foltermethoden, um Gefangene zu demoralisieren und zum Reden zu bringen.
Auch auf die zuweilen recht verworrenen Familienverhältnisse jener Zeit geht der Roman äußerst charmant ein (da wird ein junger Teenager verheiratet, dort vermählt sich eine Frau gleich viermal hintereinander, weil alle Gemahle wegsterben und das Geschäft ja fortgeführt werden muss und dann gibt es schließlich noch die mehr oder weniger anerkannten, unehelichen Kinder ...).
Liebe, Gewalt, Tod, Witz, Tragik und Spannung, sowie natürlich Gefahr für Leib und Leben der Hauptpersonen verquicken sich mit einer kleinen historischen Lektion über das Ränkespiel und die Machtgelüste von Patriziern und Zünften.
Anschaulich führt der Roman vor Augen, wie gefährlich es damals war, (auch und gerade als Frau) einen eigenen Kopf zu haben, sich für Wissenschaften aller Art zu interessieren, "verbotene" Schriften auch nur zu besitzen ...
Diese Reihe ist wirklich großartig und in den Figuren liegt noch sehr viel Potential für weitere zahlreiche Abenteuer - also, Petra Schier: Bitte schnell mehr von Adelina, Neklas und all den anderen!