Das Buch direkt bei Amazon bestellen Kim Antieau Ursula Sturm
Das Leuchten der Sternschnuppen

Original: Broken Moon
Deutsch von Ursula C. Sturm
List TB
ISBN 978-3548607733

Seit dem Tod des Vaters muss die junge Nadira in Karachi als Küchenhilfe arbeiten.
Als sie erfährt, dass ihr geliebter kleiner Bruder Umar entführt wurde, um in der Wüste zum Kameljockey ausgebildet zu werden, fasst sie einen gewagten Plan: Als Junge verkleidet, lässt sie sich selbst für eines der gefürchteten Camps anheuern.
Weibliches Geschick, Klugheit und ihre wunderbare Gabe, Geschichten zu erzählen, helfen ihr, dieses gefahrvolle Abenteuer zu bestehen.

Rezension:
Ein Märchen und kein Märchen ...

Poetisch und abenteuerlich mutet sie an, die (Zitat Klappentext) "bezaubernde Geschichte wie aus 1001 Nacht", in der das Mädchen Nadira mit Mut und List ihren Bruder aus der Hand von skrupellosen Kameljockey-Trainern in der arabischen Wüste befreit.

Fremd, traurig und so schön ist es, vom selbstlosen Einsatz der Schwester zu lesen, die Gefahr, Entbehrung und Schmerz nicht scheut, um nicht nur ihr eigen Fleisch und Blut zu retten, sondern auch andere Kinder mit demselben Schicksal.

Doch beginnt man zwischen den Zeilen zu lesen und sich mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Nordafrika und der arabischen Welt vertraut zu machen, dann erschüttert die spannende und gut geschriebene Erzählung vor allem durch ihre Nähe zur Realität.

Denn es gab sie dort sehr wohl, die Kindersklaven aus Pakistan, Indien, Sri Lanka und Bangladesch, die oft schon als Dreijährige den bettelarmen Eltern abgekauft, mit Versprechungen weggelockt oder einfach entführt wurden, um sie als Kamelreiter auszubilden.

Die Rennen mit den überwiegend weiblichen Tieren haben dort, wo man sie schon seit vielen hundert Jahren nicht nur zu hohen Feiertagen praktiziert, einen Stellenwert wie das Fußballspiel in der westlichen Welt - und nicht selten werden hohen Wetten auf den Sieger abgeschlossen.
Die Geschwindigkeit auf den meist einige Kilometer langen Strecken ist hoch - bis zu 50 km/h - die Verletzungsgefahr ebenso, doch was in den Lagern mit den Kindern passierte, spottet jeder Beschreibung: Neben dem harten Training gab es nur wenig zu essen, um das Gewicht niedrig zu halten - ganz zu schweigen von den körperlichen und sexuellen Misshandlungen durch die Ausbilder und oft auch die älteren Jungen, die gar kein anderes Leben kennen gelernt hatten.

Heute sollte all dies der Vergangenheit angehören, da vor einigen Jahren ein Gesetz verabschiedet wurde, das ein Mindestalter von 18 Jahren für die Reiter vorsieht. Ob es überall eingehalten wird ... - man weiß es nicht.

Auf jeden Fall gelingt es Autorin Antieau in ihrer packenden Geschichte ein lebendiges Bild von einer überaus fremden Welt zu zeichnen, in der schon Kinder hart arbeiten müssen, die Ehre mehr als alles andere zählt und in ihrem Namen Erwachsene ungestraft eine Zwölfjährige vergewaltigen und fürs Leben zeichnen dürfen.
Sippenhaft, barbarische Gebräuche und die Verstümmelung durch Säure, von all dem erfährt der Leser quasi en passant, da im Zentrum die Suche nach dem verschleppten Bruder steht und die Tricks, die die 18jährige Protagonistin anwendet, um mit heiler Haut aus einer unglaublichen Situation herauszukommen.

Abenteuerlich und fremd und traurig und doch so schön ist dieses Buch - keine leichte Kost und doch auch für Jugendliche absolut geeignet, um einen Einblick zu gewinnen in eine ganz andere Welt. Und um zu verstehen, dass man dem Schicksal auch wenn es unausweichlich scheint, immer Ideen für einen Ausweg entgegensetzen kann, wenn die eigene Motivation - in diesem Fall die Geschwisterliebe - nur groß genug ist.

Miss Sophie