Das Buch direkt bei Amazon bestellen Helena Reich
Nasses Grab

(1. Band David Andel)
Blanvalet TB
ISBN 978-3-442-37038-2

Sommer 2002. Das Jahrhunderthochwasser hat ganz Prag überflutet.
Als der Pegel der Moldau allmählich wieder sinkt, schwimmen der Feuerwehr im Fußgängergeschoss der Metro unter dem Wenzelsplatz Särge entgegen. Gibt es etwa einen Friedhof unter der Altstadt?
Nein, denn die Särge sind leer - bis auf einen: darin ruht eine Mumie.
Kriminalkommissar David Andel, die Pathologin Magdalena Axamit und die Reporterin Larissa Khek haben alle Hände voll zu tun, um die Identität der rätselhaften Leiche zu entschlüsseln, die 25 Jahre zuvor eines gewaltsamen Todes gestorben ist ..

Rezension:
Das Wasser steigt, die Einwohner der Stadt schwanken zwischen nackter Verzweiflung und Galgenhumor, die Katastrophe bedeutet Arbeit für Feuerwehr und Journaille und trotzdem möchte der Leser schon auf Seite 14 den nächsten Flieger nach Prag besteigen, am Wenzelsplatz dunkles Bier trinken und Knödel essen und ansonsten die "Perle an der Moldau" bewundern.
So viel Lokalkolorit, gut präsentiert, auf so wenig Platz, dass man immer und immer weiterlesen möchte ...
Und dann noch die sympathischen Protagonistinnen:
Pathologin und Teilzeitcafébesitzerin Magda, sowie ihre Freundin und Geschäftspartnerin Xenia, die Archäologin, mit dem untreuen Gatten und dem unfähigen Assistenten.
Sie treffen zusammen, als das Hochwasser eine Leiche zutage fördert - ist es eine Mumie oder ist sie noch gar nicht so lange tot?
Die unbekannte Tote aus dem Wasser, die trotz vieler Widrigkeiten doch noch im Zentrum der Ermittlungen landet, und bald einen Namen bekommt, ist aber nur der Auftakt für eine ebenso verzwickte wie verwinkelte Geschichte von Auswanderern wider Willen.
Und wenn dann nach gut 250 Seiten einigermaßen klar ist, wer wer ist in diesem Verwirrspiel ... - dann fehlen immer noch 200 Seiten.
Am Anfang locker leicht und ein wenig amüsant (vor allem wenn Autorin Reich erst Vetternwirtschaft in allen Bereichen beschreibt, und die Polizei als unfähige und faule Burschen darstellt, und sodann auf die informellen Kanäle hinweist, auf denen der Informationsfluss dennoch stattfindet ...) bis dann bestürzende und leider oft viel zu realistische Ereignisse aus Vergangenheit und Gegenwart ans Licht kommen, bei denen dem Leser das Schmunzeln schnell vergeht.
Dieser Roman ist Lesevergnügen pur.
Die Figuren sind keine Abziehbilder, sondern Typen, sei es die muntere Frauenriege (alles Exiltschechen (dort geboren und als Kinder nach Deutschland oder Kanada ausgewandert) und Mütter) oder die Männer (der fesche Feuerwehrler, der Kriminaler, ein Doktor der Mathematik, der in USA am MIT frustriert aufgab, als ein anderer das Problem bewies weswegen er das Studium aufgenommen hatte oder jener Polizist, der in seiner Freizeit als Jongleur tätig ist).
Die Handlung ist fesselnd und durchaus nicht unpolitisch.
Kurzum: Dieses Buch macht Lust auf mehr - sehr viel mehr von Helena Reich!

Miss Sophie