Das Buch direkt bei Amazon bestellen Andrea Schacht
Goldbrokat

Historischer Roman
Blanvalet gebunden
ISBN 978-3-7645-0297-3

Der Eklat, den sie mit ihrem losen Mundwerk verursacht hat, ist zum Stadtgespräch geworden.
Seither kann die aus verarmtem Adel stammende Ariane mit den Damen der gutbürgerlichen Gesellschaft nicht mehr rechnen, auch wenn sie mit Nadel und Faden die schönsten Seidengewänder kreiert.
Doch sobald sie für das neue Revuetheater der Halbweltdame LouLou schneidert, werden ihre Kleider hochbegehrt, und ein Seidenlieferant liegt ihr bald überdies zu Füßen.
Aber kaum hat sich alles scheinbar zum Guten gewendet, holt ihre sorgsam verborgene Vergangenheit sie ein, und ein alter Todfeind versucht sie zu ruinieren.
Um ihre Existenz zu retten, kann ihr nur noch eines helfen: kostbare Seide aus China.

 

ACHTUNG:

Unter allen Krimiforum-Lesern, die sich bis zum 3. Mai 2009 an der folgenden Umfrage beteiligen, verlosen wir drei druckfrische Exemplare von "Goldbrokat". Mit Autogramm!

In welcher Zeit soll einer der nächsten Romane von Andrea Schacht spielen?

- Römerzeit/Antike
- Mittelalter
- 17. Jahrhundert
- 18. Jahrhundert
- 19. Jahrhundert


Einfach eine Mail mit dem Betreff "Schacht-Umfrage" an redaktion@krimi-forum.de schicken, die entsprechende Zeit nennen und wer weiß, vielleicht lässt Andrea Schacht sich ja von den Wünschen der Fans inspirieren ...

 

Rezension:
Es ist gar nicht schwer ... Augen zu (oder besser, weit weit auf!), die ersten Sätze des neuen Werkes von Andrea Schacht angelesen und schon ist man mittendrin in einer Handlung, aus der es sich mit roten Wangen und völlig atemlos erst nach über 600 Seiten wieder auftauchen lässt ...

In dieser versammelt Andrea Schacht eine Schar aufmüpfiger junger Frauen, die doch Kinder ihrer Zeit sind. Unangepasste Frauen, die sich den genormten Gesellschaftskonventionen nicht beugen können oder wollen.

In erster Linie ist da natürlich Ariane, die mit ihren Kindern bei einer Tante lebt und verzweifelt versucht, die Tatsache zu verschleiern, dass die ganze Familie finanziell aus dem letzten Loch pfeift.
Mit frechen Versen hat sie einer Möchtegern-Poetin in die Suppe gespuckt und wird daher von der feinen Gesellschaft geschnitten. Gut, dass sie sich nicht zu schade ist, mit ihrer Hände Arbeit den Unterhalt zu verdienen.

Geschäftssinn und Interesse für Maschinen besitzt sie ebenso wie Madame LouLou, die Halbweltdame, die wahrlich viel vom Leben gesehen hat. Genau deswegen zögert sie nicht, ihre eigenen Interessen und die, an denen ihr etwas liegt, mit eiserner Hand, aber gleichzeitig auch einem großen Herzen durchzusetzen.

Auch Nona, die arme französische Näherin, die immer nur Zurückweisung, Unterdrückung und Ausbeutung erfahren hat, bis ihr jemand die Hand reicht, eine Chance gibt und sie endlich wie ein Mensch behandelt, gehört zu diesen Frauen, die - offen oder verdeckt - gegen den Strom schwimmen.

Dann sind da noch eine kluge alte Dame, ein geläuterter Tunichtgut, ein gemeiner, hinterhältiger Seidenraupenzüchter, der skrupellos Frauen vergewaltigt, Konkurrenten schädigt und auch vor Entführung und Auftragsmord nicht zurückschreckt.

Sein Gegenspieler ist der Mann, der dem Tod von der Schippe gesprungen ist und nun in einem asiatischen Kloster eine komplette Wandlung durchmacht, bevor er seine gesamte Energie, seine Verbindungen und auch seinen Mutterwitz dafür einsetzt, begangenes Unrecht wieder gutzumachen.

Ein Gespinst so fein wie die Seide, die eine zentrale Rolle in diesem grandiosen Werk spielt - allerfeinst verkettete Verbindungen zwischen den Protagonisten ... Und über allem liegt die permanente Spannung, die durch Andeutungen steigt und die Ahnung nährt, dass hier unheilvolle Dinge ihren Lauf nehmen werden.

Die Guten sind nicht nur edel und hilfreich, sondern auch sehr menschlich: Leichtsinnig, übermütig, hitzköpfig, unsensibel und durchaus bereit, etwas zu tun, nur um jemand anderem eins auszuwischen.
Sie kennen Neid, sie kennen Verantwortungslosigkeit, aber sie wandeln sich und es ist unglaublich faszinierend, dieser Veränderung zuzusehen.

Noch viel erstaunlicher jedoch ist das Geschick der Autorin bei im Grunde immer demselben Muster eine jedes Mal absolut einzigartige und faszinierende Geschichte zu ersinnen.
Wie Kett- und Schussfäden, die sich kunstvoll kreuzen, bevor ein kostbares Tuch entsteht, verbindet Schacht die weibliche Ich-Erzählerin in ihrem fiktiven familiären Umfeld aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit realen historischen Ereignissen (wie etwa der Künstlerkolonie Barbizon, die Verbreitung des Cancan oder einem echten Tornado über dem Rhein), sowie diversen Irrungen und Wirrungen der Hauptpersonen, bevor am Ende alles gut wird.

Dabei tauchen lieb gewordene Figuren aus früheren Werken auf - gute wie böse -, so dass die Leserin versucht ist, sich der Vollständigkeit halber schnell noch einmal "Kreuzblume" und Göttertrank" zu greifen und durchzuschmökern. Toni, der "Trossbub", Amara, ihre Tochter und das gute Frollein Berit, Ex-Gouvernante und nun Leiterin einer Mädchenschule und sogar eine ganz leise Ahnung von Almut, der Begine und Ivo, dem Priester, schlagen eine Brücke in die Vergangenheit.

Und Schacht wäre nicht Schacht, wenn ihre temperamentvolle Protagonistin nicht eine außerordentlich spitze Zunge hätte, der sie, gerade, wenn sie wütend wird, so richtig schön freien Lauf lässt.

Unterm Strich bietet der Roman alles, was das Herz begehrt: Liebe, ganz viel Liebe, Abenteuer, einen Schurken, der immer und immer wieder die Oberhand zu behalten scheint, spritzige Dialoge, schlagfertige und ideenreiche Frauen in ungewöhnlichen Situationen und eine wirklich fundierte Textilkunde.

Einziges Manko: Schön wäre es gewesen, die mehr als 60 (!!!) Zitate, mit denen Schacht jeweils sachbezogen in die Kapitel einsteigt (von Goethe und Schiller über Jacques Offenbach bis hin zu Buddha und Konfuzius), am Ende noch einmal so übersichtlich zusammengefasst zu finden wie die Übersicht der handelnden Personen.
Doch hätte eine solche Literaturliste wahrscheinlich dazu geführt, sich noch länger und intensiver mit einem Buch zu beschäftigen, das ohnehin garantiert zu den Romanen gehört, die man mit Gusto mehr als einmal liest!

Wie schön, dass der versierte Schacht-Fan fast sicher sein kann, die Protagonisten von "Goldbrokat" in der einen oder anderen Form irgendwann einmal wiederzutreffen. Und wie gut, dass sich die Wartezeit bis dahin schon im Sommer 2009 durch den ersten Band einer ganz neuen Reihe um die Nachfahren von Almut, der Kölner Begine, verkürzen lässt!

Miss Sophie