Das Buch direkt bei Amazon bestellen Francesco Abate Massimo Carlotto Ulrich Hartmann
Ich vertraue dir

Original: Mi fido di te
Aus dem Italienischen von Ulrich Hartmann
C. Bertelsmann gebunden
ISBN 978-3-570-01096-9

Vertraue niemandem, aber bring die anderen dazu, dir zu vertrauen. Dann beute sie nach Strich und Faden aus.
Mit diesem Lebenskonzept hat es Gigi Vianello, gutaussehend, charmant, skrupellos, schon weit gebracht. In seinem Gourmet-Restaurant auf Sardinien serviert er nur die allerbesten Speisen und ist der Held aller Frauen.
Doch das große Geld verdient er im internationalen Handel mit manipulierten, minderwertigen oder chemisch verseuchten Lebensmitteln.
Mit weltmännischer Strategie und Raffinesse gelingt ein perfektes Doppelleben - bis ausgerechnet eine Frau sein Lügengebäude ins Wanken bringt.

Rezension:
Die wichtigsten Regeln im Geschäft mit manipulierten Lebensmitteln:
1) Übertreib's nicht! - Verbraucher, die beim Verzehr dessen, was du unter die Leute bringst, ihr Leben lassen, lenken unnötige Aufmerksamkeit auf dein Geschäft (siehe auch den Methanolwein-Skandal von 1986)
2) Nur regelmäßiger Konsum ist schädlich! - Also sorge für eine größtmögliche Streuung in kleinen Läden und Supermärkten
3) Wisse immer, was du verkloppst!" - Und vergiss nie, dass du in einer Branche tätig bist, in der man niemandem trauen und sich leicht durch einen Idioten das Geschäft für immer versauen lassen kann!

Gigi hat diese Regeln immer beherzigt, auf diese Weise ist aus dem kleinen Arbeitersohn ein reicher Mann geworden - nach einem kleinen Umweg als Ecstasy-Dealer in Diskotheken, der ihm eine hirnlose Schönheit als (unerwünschte) Verlobte und später ihren Vater als Eintrittskarte in eine schöne neue, aber nicht weniger illegale Welt beschert hat.

Verdorbene Eier, Muscheln aus chemisch kontaminierten Zonen, Campylobacter verseuchte Hähnchen, Mozzarella mit Krebserregern ... - was immer sich zum Nutzen der Verkäufer in den Handel bringen lässt, geht durch die Hände dieses ebenso eiskalten, wie bei Bedarf äußerst charmanten, immer aber überlegten und auf seinen Vorteil bedachten Mannes.

Eines Mannes, den der Leser nicht mögen möchte - aber bei dem er doch nicht umhin kann, seine cleveren Schachzüge zu bewundern.
Das alles natürlich nur unter der Prämisse, dass die Machenschaften reine Produkte der Fantasie zweier begabter Autoren sind ... denn allein schon die Vorstellung, sie enthielten auch nur ein Fünkchen Wahrheit, wäre in Anbetracht der unmittelbaren Auswirkung auf das eigene Leben äußerst unschön.
Fakt ist allerdings: In Italien löste der Roman eine Welle an schwarzen Listen im Internet von Produkten aus, die die Leser im Buch wiedererkannt hatten ... und bald wurde bekannt, dass der Mozzarella-Käse ganz bestimmter Marken aus Kampanien bakterienverseucht ist.

Nun denn, geraume Zeit läuft es wie geschmiert für Gigi Vianello - der nicht zögern würde, die eigene Mutter für einen Vorteil übers Ohr und schlimmer zu hauen, wie er es im Lauf der Geschichte einige Male mit den ihm nahestehenden Frauen und ihren Verwandten tut ...
Dann allerdings bekommt er ein ernsthaftes Problem.

Wie er es löst, und welche Konsequenzen das nach sich zieht, ist ebenso ausgeklügelt, packend und ein Feuerwerk an zündenden Ideen wie der Rest des 220-Seiten-Romans.
Eines Romans, der zeigt, dass man auch in diesem (im Vergleich zu vielen gängigen Krimis eher "übersichtlichen") Umfang Spannung, Satire und eine knallharte, aus dem Leben gegriffene Thrillerhandlung präsentieren kann.

Unerreicht die Stellen, an denen die beiden Autoren die allgegenwärtigen Handymanie der Italiener aufgreifen - und der teutonische Leser sich wundert, dass überhaupt noch Menschen ein persönliches Gespräch führen, wenn sie sich doch drölfzig verschiedener Tarife mit zigtausend Gratis-SMS und -MMS, je nach Wochentag und Uhrzeit, bedienen könnten.
Ganz großes Kino auch der Umstand, wie sich die Protagonisten die Segnungen des Satellitenfernsehens zunutze machen, um entweder ihre Allgemeinbildung durch den Discovery Channel zu erweitern oder konkrete Hinweise zu den Dos und Don'ts bei der Leichenbeseitigung zu erhalten (CSI Staffel eins bis drei).

Ein grandioser Roman, dank profunder Recherche auf allen Gebieten.
Unterhaltsam geschrieben, stets überraschend - und genau im richtigen Maße beunruhigend, um beim nächsten Besuch des Nobel-Italieners um die Ecke ein gewisses Herzklopfen nicht unterdrücken zu können. Am besten nachdem man sich den Song angehört hat, dem das Buch seinen Titel verdankt: "Mi fido di te" (Jovanotti) ...

Miss Sophie