Das Buch direkt bei Amazon bestellen Monika Geier
Die Herzen aller Mädchen

(Kriminalkommissarin Bettina Bolls 5. Fall)
Ariadne bei Argument TB
ISBN 978-3867541848

Gregor Krampe, Mittelalter-Experte, hat für Medienrummel wenig übrig. Als Talkshowgast vor laufender Kamera mit dem angeblichen Vorleben seines Vaters konfrontiert zu werden, entspricht so gar nicht seiner Vorstellung von seriöser Unterhaltung. Aber seriös war sein Vater ja noch nie...
Kriminalkommissarin Bettina Boll ist bloß eine Halbtagskraft mit zwei Kindern. Doch das Schicksal spielt ihr einen unverhofften Trumpf zu: Die Einsatzleiterin des BKA will sie bei einer Aufsehen erregenden Ermittlung dabeihaben.
Es geht um ein geheimnisvolles Buch - und einen Mordversuch. Verdächtigt wird der Sohn des Opfers, ein melancholischer Kettenraucher, den Bettina aus dem Fernsehen kennt.
Sie soll ihn anzapfen, aber der Kerl interessiert sich nur für staubige alte Wälzer. Seltsam ist allerdings, dass ihn offenbar noch jemand beschattet.
Was steckt wirklich hinter all der Aufregung um eine Ausgabe mittelalterlicher Psalmen?

Rezension:
Toller Auftakt:
Bettina Boll, genannt "Bolle", die immer noch mit dem Tod ihrer Schwester hadert, der ihr auf einen Schlag zwei Kinder plus eine Halbtagsstelle plus ein komplett neues Leben eingebrockt hat, verliert ihren (beruflichen) Partner - wie im echten Leben nicht durch einen spektakulären Tod, sondern aufgrund einer einjährigen Fortbildung (Was für ein geschickter Schachzug der Autorin! Hat sie doch so die Gelegenheit, den jungen Mann - je nach Gusto - in einem der nächsten Romane wieder einzubinden oder eben auch nicht!).

Der Erstkontakt mit der neuen Kollegin ist wenig erfreulich - für beide Seiten. Bolls unsystematische Arbeitsweise ist der Anderen, Nessa Kaiser, ein Dorn im Auge, während die Protagonistin ihrerseits die ordnende, analytische Hand ihres Kollegen Willenbacher, der ihre Kreativität stets in die passenden Bahnen zu lenken wusste, schmerzlich vermisst.

Diese Polizistin ist keine Superermittlerin mit Röntgenblick und 26-Stunden-Tag im Dienst der guten Sache: Sie liest längst nicht alle Berichte (wie es eigentlich ihre Pflicht wäre) und setzt sich im Prinzip nur durch Zufall (mit einer zur rechten Zeit am rechten Ort erinnerten Information) in ein so gutes Licht, dass sie ans BKA ausgeliehen wird.
Zu allem Überfluss nimmt sie die ihr zugefallene Mutterrolle so ernst, dass die dortigen Verpflichtungen häufig mit dem Beruf kollidieren, was Bettinas Chef so überhaupt gar nicht freut - sich aber wahrscheinlich mit der Lebenserfahrung so mancher Leserin deckt ...

Wen wundert es da noch, dass die Heldin mit einer amourösen Verstrickung dem Ganzen noch die Krone aufsetzt ... - ab dann gibt es allerdings kein Halten mehr und die Handlung gleicht einer Höllenfahrt an Spannung und Gefühlschaos.

Es geht um Kunst, Betrug und Geld. Um Familie, um Rache, um eine Schuld, die weit in der Vergangenheit liegt und doch nicht gesühnt werden kann.
Es treten auf: Ein toter Romanautor, eine quicklebendige Wahrsagerin, eine Briefbombe und ein millionenschwerer Gönner, der eifersüchtig seine anonyme Schenkung, ein 1000 Jahre altes Manuskript, hütet.
Sie alle bindet Geier in einen außerordentlich spannenden und temporeichen Roman mit zahlreichen Pointen ein, bei dem am Schluss zwar möglicherweise großes Bedauern über einige höchst unschöne Ereignisse, jedoch kein loses Ende bleibt.

Besonders beeindruckend die hervorragend ausgearbeiteten weiblichen Figuren: Neben der bereits erwähnten skurrilen Wahrsagerin, die neue, nachgerade perfekte Tagesmutter, sowie die gründliche Kollegin mit dem Drachenbaum, des weiteren eine unnahbare, aber ausgesprochen kompetente BKA-Frau aus den oberen Rängen, außerdem eine würdige ältere Top-Versicherungsermittlerin mit Hündin, eine Buchhändlerin mit ausladendem Hintern und noch umfassenderem Wissen und natürlich die beeindruckende Privatsekretärin des solventen Kunstmäzens.

Der Leser lernt viel über Ovid und mittelalterliche Gebräuche, leidet mit der Heldin, wenn sie von den Blitzlichtern der Vergangenheit überfallen wird, liebt und lacht mit ihr - wird in anderen Worten komplett von der Geschichte aufgesogen.
Doch Achtung: Überaus fatal wäre es für den zartbesaiteten Leser, sich von der stellenweise vorhandenen Leichtigkeit des Romans in trügerischer Sicherheit wiegen zu lassen und einen harmlosen Pfälzer Landhauskrimi zu erwarten!
Dazu ist Monika Geier zu sehr Thriller-Profi, der ganz genau weiß, wie er auf der Gefühlsklaviatur nicht nur seiner Figuren, sondern vor allem der Leser zu spielen hat.

Klasse Autorin, klasse Roman, klasse Serie - unbedingt weiter so!

Miss Sophie