Das Buch direkt bei Amazon bestellen Gisa Klönne
Farben der Schuld

(4. Band)
Ullstein gebunden
ISBN 978-3550087769

Karnevalsende in Köln.
Ein Mann im Priesterornat liegt ermordet vor einer Kirche. Jemand hat ihm ein Schwert in die Brust gerammt. Kurz darauf geschieht ein zweiter Mord nach demselben Schema. Hasst jemand die katholische Kirche, oder verbindet die beiden Opfer ein dunkles Geheimnis?
Trotz fieberhafter Ermittlungen finden Manni Korzilius und seine Kollegen von der Kripo keinen Hinweis auf den Täter.
Hauptkommissarin Judith Krieger ist nach einem Einsatz, bei dem sie beinahe ums Leben kam und selbst getötet hat, eigentlich vom Dienst befreit. Als sie sich jedoch an den Polizeiseelsorger wendet, um über ihr Trauma zu sprechen, wird sie sehr schnell in den Mordfall "Priester" verwickelt und beginnt wieder zu ermitteln.
Doch genau wie ihre Kollegen stößt sie auf eine Mauer des Schweigens:
In der Telefonseelsorge, wo eines der Opfer arbeitete.
Bei einem Priester, dem das Beichtgeheimnis wichtiger ist als sein eigenes Leben.
Und bei der jungen Bat, die zum Leidwesen ihrer Mutter in die Grufti-Szene abgedriftet ist.
Bat, die den Mörder ihrer besten Freundin sucht und dabei selbst in Lebensgefahr gerät. Schuld, Vergebung, Rache und Glauben. Als Judith die Zusammenhänge begreift, plant der Täter bereits seinen nächsten Mord.

Rezension:
Schwer angeschlagen ist sie, diese Judith Krieger, die sich doch bisher immer durch die kleinen und großen Krisen des Lebens irgendwie durchgebissen hat.
Gezeichnet an Leib - vor allem aber an der Seele - vom dramatischen Ausgang ihres letzten Falles, als durch ihre Schuld zwei Menschen starben und sie selbst fast das Leben verlor.
Nach wie vor schreckhaft bei bestimmten Geräuschen oder Gerüchen, geplagt von Alpträumen, hangelt sie sich durch ihren Alltag.
Arbeiten will sie wieder, um jeden Preis, selbst wenn das Disziplinarverfahren gegen sie noch nicht abgeschlossen ist und ausgerechnet ihr "Intimfeind" in der Abteilung die Treppe hinaufgefallen ist.
Keine Frage also, dass Judith sofort die Chance zum Wiedereinstieg ergreift, als kurz hintereinander zwei Männer ermordet werden und das Dezernat dringend Unterstützung benötigt.

Protagonistin der Parallelhandlung ist Beatrice, die "Bat" genannt werden möchte und sich mit Vorliebe schwarz kleidet. Die 18jährige "Gruftie-Göre" trinkt zu viel, schwänzt regelmäßig ihren Job in der Friedhofsgärtnerei und ist - wie Judith Krieger - durch einen tragischen Todesfall ordentlich aus der Bahn geworfen worden; ihre beste Freundin beging zwei Jahre zuvor Selbstmord. Angeblich. Denn Bat sieht das anders und setzt alles daran, ihren Verdacht zu beweisen.

Und über, neben, hinter allem steht der Klerus.
Mit seinen Mitarbeitern, seinen Ritualen, seinen Überzeugungen, aber auch Prüfungen. Für die Gläubigen. Für Opfer, Täter und die, die einfach nur vor Ort sind.
Es ist eine Art Tanz, in der sich alle zu- und voneinander weg bewegen.
Fast wie die Karate-Katas, auf die sich Judiths Kollege Manni nicht nur in seiner Freizeit konzentriert, um ein Gefühl für die Personen und Situationen zu bekommen, mit denen er zu tun hat.

Der Plot ist spannend: Was verband die beiden Opfer? Müssen noch mehr Menschen sterben? Welche Geheimnisse verschweigt Bats Mutter Ruth?

Am Ende geht es - wie so oft - um Leben und Tod, darum, eine eskalierende Situation zu entschärfen, das Richtige im richtigen Moment zu sagen und zu tun.

Viele Menschen in diesem Roman haben einen solchen Moment verpasst - und andere müssen nun ihr Versäumnis büßen. Manchmal war aber einfach keine Gelegenheit für klärende, abschließende Worte - und zuweilen waren die Beteiligten einfach zu dem Zeitpunkt zu schwach, um zu sage und zu tun, was man hätte sagen und/oder tun müssen.

Judith Krieger hat es nicht leicht - ihre gesamte Vergangenheit lastet auf der bald Vierzigjährigen: Der Vater, als ganz junger Mann auf dem Hippie-Trail in Nepal erfroren, die Freundschaften und Beziehungen, die tragisch endeten und immer wieder die Schuld, die sie auf sich geladen hat.

Die Beklemmung, die sie fühlt, teilt sich dem Leser fast körperlich mit, so spürbar sind ihre posttraumatischen Probleme.
Dabei ist sie so stur, will um jeden Preis alles alleine bewältigen, sträubt sich gegen jede Hilfe von außen! Kein rationales Vorgehen, absolut nicht - aber doch so nachvollziehbar.

Gleiches gilt für das rebellische Verhalten der jungen Bea, die mit so viel mehr zu kämpfen hat als den Nachwehen der Pubertät. Ihre korrekte Muter auf der einen, das Gefühl, der toten Freundin nicht gut genug beigestanden zu haben, auf der anderen Seite. Der Drang, einfach nur zu vergessen - oder denjenigen zu finden und zu bestrafen, der für Janas Tod verantwortlich ist.
Ihr Vorgehen ist gewagt und der Preis, den sie für ihre erfolgreiche "Ermittlungsarbeit" bezahlt ist hoch, sehr hoch - fast zu sehr ...

So viele Schicksale, die Autorin Klönne meisterhaft miteinander verknüpft und verwoben hat - da bleibt auch nach dem Ende der Lektüre viel Stoff zum Nachdenken.
Spannend ist die Handlung allemal - der unerwartete Verlauf bringt auch den Krimikenner an die Grenzen seiner Deduktionsfähigkeit.

Absolut empfehlenswert!

Miss Sophie