Das Buch direkt bei Amazon bestellen Angelo Petrella Bettina Müller Renzoni
Nazi Paradise

Original: Nazi Paradise
Deutsch von Bettina Müller Renzoni
Pulp Master TB
ISBN 978-3-927734-43-2

Der namenlose Protagonist, ein wütender junger Skinhead aus dem neapolitanischen Großstadt-Dschungel, knackt Websites von Banken, manipuliert Konten und relaxt anschließend in einem erotischen Chatroom.
Er hasst Rote und Bürgerliche gleichermaßen, doch das Fußballstadion besucht er mit religiöser Inbrunst. Seine Welt ist die der Hacker, Ultras, Junkies und Zuhälter und sie wird bestimmt von Schlägereien und Verrat.
Korrupte Polizisten zwingen ihn, in einer Villa auf Capri den Computer eines Bonzen zu knacken, der für sie gefährliche und kompromittierende Informationen enthält.
Doch dann läuft etwas schief, und plötzlich ist es sein Kopf, der rollen soll.

Rezension:
Eins vorneweg: Der junge Held dieses Romans scheint eher zufällig Nazi zu sein, so richtig Ahnung hat er von Geschichte und Politik nämlich nicht und irgendwie hasst er sowieso alle und jeden.
Der Titel ist allerdings ein Geniestreich des Autors, sichert ihm die Aufmerksamkeit der Leser links wie rechts der Mitte, die der Kritiker sowieso ... und wer erst mal drin ist in diesem temporeichen, düsteren Buch, legt es so schnell nicht wieder weg.

Die Welt aus "Nazi Paradise" ist das Gegenteil eines Paradieses:
Hier, in der Unterwelt Neapels, regieren Suff, Drogen, Gewalt, Korruption und Hass.
Niemandem kann der namenlose Ich-Erzähler, der sich in Chatrooms "Dux" nennt, trauen - den rechtsradikalen Kameraden nicht, den Frauen, die im Internet Flirts anfangen, ebenso wenig, der Polizei am Allerwenigsten.
Das merkt er, als er wegen schwerer Körperverletzung in Haft landet. Zwei Bullen versprechen, ihm den Weg in die Freiheit zu ebnen: Voraussetzung ist, dass er für sie ein Ding dreht. Weil "Dux" ein begabter Hacker ist und keine echte Bindung an andere hat, können die korrupten Polizisten ihn gut brauchen. Hinterher möchten sie allerdings seinen Kopf rollen lassen ...

Nicht, dass es dem Leser um "Dux" leid täte. Eine Textprobe sagt alles: "Der Neger kippt um. Ein geiles Bild, der Joint steckt immer noch zwischen seinen Lippen, ist aber jetzt blutrot. Die Chinesin schreit, die Faschos, die Faschos. Der Mafioso aus Palermo sagt, ach was, Faschos, wir sind Skinheads. Ich lache. Auch der Neger am Boden lacht. Alle Achtung. Schade, dass er in Kürze einen eingeschlagenen Schädel haben wird."

Aggressiv, sexuell verklemmt, einsam - warum "Dux" ausgerechnet bei den Neonazis gelandet ist, bleibt unklar.
Dass jemand wie er in einer Umgebung wie seiner in einer radikalen Gruppe landen muss, scheint allerdings logisch. Es gibt kein Gut gegen Böse - auf den 115 Seiten liefert Petrella keinen einzigen wirklichen Sympathieträger, jeder hat Dreck am Stecken.
Fazit: Wer seine Krimis dunkel, derb und voller Überraschungen mag, wird mit Schaudern und Genuss in "Nazi Paradise" eintauchen und kopfschüttelnd am Kopfkino des kranken Helden teilhaben.

Petra Plaum