Das Buch direkt bei Amazon bestellen Robin Wasserman Claudia Max
Skinned

Original: Skinned
Aus dem Amerikanischen von Claudia Max
Script 5 gebunden
ISBN 978-3-8390-0106-6
(ab 14 Jahren)

Lia Kahn ist reich, schön und beliebt - bis ein Unfall sie beinahe tötet.
Im Krankenhaus wacht sie in einem perfekten, künstlichen Körper auf. Lia wird nie wieder Schmerz empfinden, sie wird nicht altern und nicht sterben.
Doch der Preis dafür ist hoch: Ihre Freunde misstrauen ihr, ihr Freund betrügt sie und alles, was ihr wichtig war, wandelt sich in einen Albtraum.
Hin- und hergerissen zwischen dem Leben, das sie einmal kannte, und einer neuen, aufregenden Existenz, lernt Lia bald die bitterste Lektion:
Niemand kann ihr die Entscheidung abnehmen, die sie treffen muss, um ihre Liebsten zu schützen.

Rezension:
Was wäre wenn ...
... auch in einer scheinbar ausweglosen Situation - nach einem Unfall oder schwerer Krankheit etwa - ein Weiterleben möglich wäre, vielleicht sogar besser als zuvor?
Weil man weder Infektionen noch Verletzungen fürchten müsste, ja sogar die üblichen Körperfunktionen wie essen, schlafen, verdauen blieben einem erspart - ganz zu schweigen davon, dass man ewig leben und dabei stets jung bleiben könnte ...

Verlockende Vorstellung oder Horrorszenario?

Abgesehen von den wissenschaftlichen Voraussetzungen für die Transplantation eines kompletten Gehirninhaltes auf einen mechanischen Körper, müsste wohl eines vor allem gegeben sein: Die gesellschaftliche Akzeptanz oder, mehr noch, die Bereitschaft des bisherigen sozialen Umfeldes, diese neue "mechanische" Person zu akzeptieren.
Einen "Mech", nicht nur wie weiland der Sechs-Millionen-Dollar-Mann aus der gleichnamigen Siebziger-Jahre-Serie mit "bionischem" Auge, Arm und Beinen ausgestattet, sondern zwar mit allen Erinnerungen des "Orgs", dem er nachempfunden ist, jedoch komplett ohne Gefühle.

Was in einer solchen Situation passieren könnte, beschreibt Robin Wasserman ebenso eindringlich wie faszinierend.

Die Welt, in der die Autorin ihre sechzehnjährige Protagonistin nach einem fürchterlichen Autounfall wach werden lässt, hat nur noch teilweise mit der unseren zu tun.
Die Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen denen, die für ihren Lebensunterhalt in den Fabriken und/oder Städten leben und arbeiten, ist längst enorm geworden - eine Selektion bereits vor der Geburt von den gewünschten Eigenschaften des künftigen Kindes selbstverständlich.
Fahrzeuge bewegen sich automatisch - alles, was sich programmieren lässt, wird durch Computer gesteuert, jeder ist permanent online, Kommunikation findet fast ausschließlich elektronisch statt.

Lia Kahn ist ein Kind dieser Zeit - ihre trendigen Klamotten erwärmen sich beim Erhalt einer Voice-Mail oder ändern, je nach Stimmungslage, ihre Farbe.
Sie gibt in der Clique den Ton an, bestimmt, wer "in" und wer "out" ist - in der Schule, wo sie mit Glanzleistungen brilliert, und im Sport, wo sich jeder darum reißt, sie im Team zu haben.
Das alles ändert sich schlagartig, als das Mädchen durch Geld und Einfluss ihres Vaters zum "Skinner" wird: Einem künstlichen Körper mit Lias Gehirn.
Sie wird zum Außenseiter, man demütigt und bedroht sie ... und auch als sie andere kennen lernt, die ihr Schicksal teilen, wird die Lage nicht leichter, ganz im Gegenteil.
Und eines Tages kommt es zur Katastrophe ...

Wasserman ist es gelungen, einen Science-Fiction-Roman für Jugendliche zu schreiben, der so beängstigend ist, dass dem Leser zum Ende hin die Luft wegbleibt - und er doch die Lektüre nicht unterbrechen kann, nicht für einen Moment.
Lia Kahns Konflikte, das Gefühlschaos, in dem sich das Mädchen befindet, ist so eindringlich beschrieben, dass der Funke direkt überspringt und den Leser in genau dieselbe Verwirrung stürzt: Wie zutreffend ist das "Ich denke - also bin ich", wenn du nur denkst, zu sein, alle anderen dich aber nicht mehr als Person wahrnehmen?

Der Roman geht jedoch noch einen Schritt weiter, stellt immer wieder unausgesprochen die Frage, wie erstrebenswert eine solch "schöne neue Welt" ist, in der Wirtschaft und Wissenschaft unendlich viel tun, bewegen, erreichen, aber auch manipulieren - nur weil sie es KÖNNEN.
Dabei werden die Informationen nicht plakativ angeprangert, sondern immer wieder ganz am Rande eingestreut - quasi als Angebot, sich zusätzlich mit diesem oder jenem Thema auseinanderzusetzen.
Wo die Diskussion letztendlich landet - ob bei der Freundschaft zwischen Lia und Außenseiter Auden, dem einzigen, der ihr noch unbekümmert begegnet, bei den familieninternen Konflikten der Kahns oder beim Austausch des eigenen Wahlrechts gegen einen geregelten Arbeitsplatz ... das bleibt den Lesern selbst überlassen.

Harter Tobak für die einen, unvorstellbar für die anderen, einfach nur packende Unterhaltung mit sehr viel Anspruch für die dritten ... - "Skinned" ist alles andere als 0815, sondern Lektüre, die polarisiert.
Und den, der sich gefangen nehmen lässt, süchtig nach der Fortsetzung macht ... (als "Crashed" auf dem amerikanischen Markt bereits erschienen und hoffentlich im nächsten Jahr auch in Deutschland erhältlich).

Miss Sophie