Das Buch direkt bei Amazon bestellen Rachel Ward Uwe-Michael Gutzschhahn
Numbers - Den Tod im Blick

Original: Numbers
(1. Band)
Deutsch von Uwe-Michael Gutzschhahn
Chicken House gebunden
ISBN 978-3-551-52007-4
(ab 12 Jahren)

Augen, so heißt es, sind das Fenster zur Seele. Doch wenn Jem in fremde Augen blickt, sieht sie eine Zahl. Und die ist unauslöschlich. Denn die Zahl ist ein Datum. Der Tag, an dem ihr Gegenüber sterben wird.
Diese Gewissheit hat Jem seit dem Tod ihrer Mutter. Deshalb meidet sie Menschen. Ist am liebsten allein. Bis sie Spinne kennenlernt - und mit ihm das Leben.
Jem ist glücklich, zum ersten Mal. Doch als die beiden zum Riesenrad, dem London Eye fahren, passiert es - um sie herum haben alle dieselbe Zahl. Jem weiß: Etwas Furchtbares wird passieren. Heute. Hier.
Fluchtartig verlassen Spinne und sie das Gelände. Und lösen damit eine Kettenreaktion aus. Spinne und Jem werden zu Gejagten. Von der Polizei, den Medien, den Menschen.
Und Spinnes Todestag rückt näher und näher ...

Rezension:
Das Mädchen Jem hat echt nicht das große Los gezogen. Die Mutter hängt an der Nadel und stirbt im eigenen Erbrochenen, als die Londonerin 7 Jahre alt ist. Danach wird sie von Pflegefamilie zu Pflegefamilie weitergereicht, denn die nun 15jährige ist das, was man unangepasst nennt und verstockt. Sie ist immer für sich, beteiligt sich auch in der Schule kaum am Unterricht und schaut niemandem in die Augen.

Das allerdings hat seinen Grund: Jem sieht das Todesdatum eines jeden Menschen - was aber natürlich niemand wissen darf. Und weil sie weiß, wie lange ihrem Gegenüber noch bleibt, vermeidet die junge Engländerin jeden intensiven, persönlichen Kontakt - egal mit wem.

Als sie "Spinne" kennenlernt, einen baumlangen schwarzen Jungen, wird's kompliziert: Sie freunden sich an, hängen gemeinsam ab - und flüchten zusammen, nachdem Jem einen terroristischen Anschlag aufs "London Eye" vorhergesehen hat und deswegen von der Polizei gesucht wird.
Tagelang fliehen die beiden durch die englische Provinz - sie wollen ans Meer, den einzigen Ort, an dem Spinne alias Terry vor Jahren mit seiner Großmutter ein paar glückliche Tage verbracht hat.
Auf ihrem Weg durchqueren die beiden Stadtkinder unwegsame Wälder, tosende Bäche, schlafen in Scheunen oder Parks, werden nicht nur von der Polizei, sondern auch von Drogenhändlern, denen Spinne Geld gestohlen hat, verfolgt und kommen sich näher.
Zum ersten Mal lässt Jem Gefühle zu - auch wenn sie sich gleich danach immer wieder in sich selbst zurückzieht.
Die Bürde, die sie drückt, ist so groß, so unglaublich, so unausweichlich furchtbar - denn was sie sieht, bezieht sich unmittelbar auf den, den sie liebt ...

Ein grandioses Buch, spannend wie eine Abenteuergeschichte, gleichzeitig direkt und schonungslos wie ein sozialkritischer Gesellschaftsroman, denn die Realität, in der die Jugendlichen leben, ihre finsteren Zukunftsaussichten, ihre Teilnahmslosigkeit und die Unfähigkeit, der Lehrer, sie wirklich zu erreichen, zu verhindern, dass sie in die üblichen "Karrieren" abrutschen, das ist nicht Fiktion, sondern bittere Realität.
Gleichzeitig ist der Roman geheimnisvoll und anrührend, zauberhaft an den Stellen, an denen Jem unerwartet Hilfe und Freundschaft findet, zum bittersüßen Ende hin extrem ergreifend, in jeglicher Hinsicht aber unvergesslich.
Ein wirklich beeindruckendes Debüt - kein Wunder, dass die Autorin damit auf Anhieb für zahlreiche Preise nominiert wurde!

Miss Sophie