Amina Paul
Die Welt steht Kopf - in der Elternschule
Arena gebunden
Irgendetwas stimmt an diesem Morgen nicht: Florians Eltern sitzen im Wohnzimmerschrank und weigern sich, zur Arbeit zu gehen, Lenchens Vater flutet die Wohnung, weil er Papierschiffe versenken will, und die Rentner aus dem Altenheim eröffnen einen Discobus.
Rezension:
Ob man als Papa oder Mama wirklich besser dran ist, erfahren die meisten Jungen und Mädchen erst viele Jahre später (wenn sie dann typischerweise denken, ihre Kinder hätten es viel besser!).
Nicht so jedoch in der Stadt, in der elfjährige Florian mit seinen Eltern und der etwas älteren Schwester Sophie wohnt: Dort sind nämlich offensichtlich von einem Tag auf den anderen alle Erwachsenen komplett durchgedreht.
So liegt es nun an den Kindern, all diese Aufgaben wahrzunehmen - und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass ihre Eltern keinen Unsinn anstellen.
Die erste Maßnahme ist daher, dass sich alle dreihundert Schüler zusammentun und gemeinsam für die Beaufsichtigung der Erwachsenen sorgen - in einer Elternschule. Dort finden neben Mathe, Deutsch und Englisch auch Fächer wie Witzekunde, WII-Spielen, SMS-Unterricht statt.
Wie das alles abläuft, die Konflikte zwischen den Großen und den Kindern untereinander, die unerwarteten Schwierigkeiten, mit denen sich die pubertierenden Sophie, ihr Bruder und deren Freunde herumschlagen müssen - das alles ist zum Brüllen komisch und zwar für Leser aller Altersstufen.
Einiges an Aufregung gibt es außerdem: Erstens müssen die Kinder klären, woher das sonderbare Verhalten ihrer Familienangehörigen kommt und zweitens einen neugierigen Reporter daran hindern, der ganzen Welt zu enthüllen, was in ihrer Stadt los ist.
Einfach toll - unterhaltsam und spannend zu lesen, wie alle Beteiligten über sich hinauswachsen und gemeinsam Lösungen für ihre Probleme finden, die manchmal ebenso unkonventionell wie genial sind. Vor allem, als es gilt, dem Chef von Florians Vater die Unterlagen über das beste Auto der Welt zukommen zu lassen, die dieser von seinem Chef-Konstrukteur einfordert...
Ein großer Spaß und Lesegenuss, dieses Buch, das sich ebenfalls hervorragend zum Vorlesen eignet - auch und sogar, wenn die Zuhörer altersmäßig schon im zweistelligen Bereich liegen.
Miss Sophie
ISBN 978-3-401-06441-3
(ab 9 Jahren)
Und als ob das alles nicht schon genug wäre, beginnt plötzlich auch noch ein fremder Reporter, in der Stadt herumzuschnüffeln.
"Eltern haben's gut!" - ist ein Stoßseufzer, den Millionen von Kindern immer wieder ausstoßen. "Sie müssen nicht zur Schule, dürfen vor dem Fernseher essen, so viel Schokolade naschen, wie sie wollen und niemand sagt ihnen, wann sie zu Bett gehen sollen!"
Anstatt wie sonst korrekt gekleidet zur Arbeit zu gehen, lassen sie allesamt die Sau raus: Sie spielen Computer, feiern schon am frühen Morgen lautstarke Parties und werfen einander ungerührt Beleidigungen an den Kopf.
Da ist nichts mehr übrig vom höflichen Benehmen, wie Eltern es gern ihren Kindern predigen, von Pflichtbewusstsein und Arbeitseifer.
Selbst die Versorgung der eigenen Familie - kochen, waschen, bügeln, putzen - interessiert von jetzt auf gleich niemanden mehr.
Alles in allem keine leichte Aufgabe, wie die Kids bald feststellen müssen.
So mancher wird sich da ertappt fühlen.