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Lost Souls I - Das Spiel beginnt

Original: Lost Souls - Burning Sky
Deutsch von Barbara Lehnerer
Baumhaus Verlag, Box mit Buch, Spielplan und Spielsteinen
ISBN: 978-3-8339-3794-1
(ab 12 Jahren)

Nathan Richards ist ein ganz normaler Junge.
Doch an seinem 13. Geburtstag wird sein Leben auf den Kopf gestellt. An diesem Tag erhält er vom Mayagott Kukulkan eine unglaubliche Gabe - und eine besondere Verpflichtung: Nathan muss das Spiel "Lost Souls" gegen Kukulkan spielen.
Und er muss gewinnen, bevor der Mayakalender am 21. Dezember 2012 endet.
Nur so kann er das Überleben der Menschheit sichern.
Die Zeit läuft - die Welt muss gerettet werden. Nathan muss den Gott besiegen, in einem Spiel, dessen Regeln er nicht kennt, oder er wird für immer verlieren.

Mehr dazu und einen spannenden Trailer findet ihr hier.

Rezension:
Nachts durchs Haus zu schleichen, spät ins Bett zu gehen, sich mit sonderbaren Dingen zu beschäftigen und im Notfall auch mal an einer Regenrinne aus einem Fenster abzuseilen, beherrscht Nathan ebenso gut wie Horrormonster in Computerspielen zu töten.

Der 13jährige ist Halbwaise, die Mutter bei der Geburt gestorben, der Vater, ein bekannter Archäologie-Professor, ein eher kühler Typ, der sich vor allem für seine Arbeit und weniger für den eigenen Sohn interessiert und dabei ein wenig an den Vater von Bastian Balthasar Bux aus Michael Ende's "Unendliche Geschichte" erinnert.

Im Haus leben darüber hinaus seit dessen Scheidung der Bruder des Vaters, welcher wiederum so fürsorglich ist, dass Nathan sich fast erdrückt fühlt, und dessen 15jährige Tochter Alyssa, eine wahre Pest, Angeberin und Schlaubergerin in einem.
Die Neuntklässlerin hat und ist alles, was dem hochgewachsenen Dunkelhaarigen mit den braunen Augen abgeht: Einen liebenden und besorgten Vater, Freunde, Erfolg in der Schule... Außerdem ist da ihr Faible für Kriminalfälle, das Nathan teilt, was er gegenüber seiner Kusine aber natürlich nie zugeben würde.
Kein Wunder also, dass die beiden sich im Dauerclinch befinden und keine Gelegenheit auslassen, sich gegenseitig Streiche zu spielen oder in die Pfanne zu hauen.

Zu Nathans täglicher Routine gehören außerdem Wortgefechte mit Lehrern und Mitschülern, die er nicht selten gewinnt auf der einen, und extrem körperbetonte Scharmützel mit den Schul-Bullies, die er in der Regel verliert, auf der anderen Seite.
Das freut den Jungen nicht - wirft ihn aber auch nicht komplett aus der Bahn. Allerdings stützt es seine Überzeugung, niemandem außer sich selbst wirklich trauen und sich auf keinen anderen verlassen zu können.

Dann findet Nathan unter den alten Sachen seiner Mutter ein Spiel und in der darauffolgenden Nacht hat er einen sonderbaren Traum: Er kann plötzlich fliegen und ein ausgesprochen sympathischer Mann möchte das Spiel mit ihm spielen - jedoch ohne ihm die Regeln zu erklären.

Ab dann wird es magisch und unheimlich zugleich:
Nathan sieht und hört Dinge, die anderen Menschen verborgen bleiben.
Etwa diesen Polizisten, der an den unglaublichsten Stellen zu den unglaublichsten Zeiten erscheint und eine unglaubliche Bitte an den Teenager hat.
Und natürlich immer wieder Kukulkan, den Maya-Gott. Ein Typ, der nicht, wie man denken könnte, grausam und humorlos ist, sondern im Gegenteil gütig und großzügig wirkt, sich für den Jungen interessiert, ihm zuhört, Geschenke macht...
Andererseits wird schnell klar, dass er sich nicht einmischt, sondern zulässt, dass Nathan seine ureigenen Erfahrungen sammelt - so schlimm und schmerzlich sie vielleicht auch sein mögen.

So muss der 13jährige nicht nur verkraften, dass er nun Geister wahrnimmt, die Ansprüche an ihn stellen, sondern er muss sich ständig neu entscheiden, wie er weiter vorgehen will, um den Jahre zurückliegenden Polizistenmord aufzuklären und parallel "das Spiel" zu spielen.

Dabei findet er neue Freunde und es gelingt ihm tatsächlich, den fälschlich der Korruption verdächtigten Beamten posthum zu rehabilitieren und den Mörder nach einem nervenzerreißenden Showdown zu überführen, dennoch macht er dabei immer wieder Fehler, die sich sofort auf den Spielstand auswirken.

Hat man sich erst einmal an den Gedanken gewöhnt ist es absolut faszinierend für den Leser, wie sich der Protagonist durch die verschiedenen Ebenen oder Welten, im Buch "Frequenzen" genannt, bewegt.
Dabei geht der Kontakt zur Realität jedoch nie verloren - dafür sorgen schon die coolen Sprüche (von denen auch Nathan eine Menge auf Lager hat) und die "Schulgeschichten".
Denn auch wenn es zunächst scheint, als sei der Junge ein typisches Mobbing-Opfer, leichte Beute für zahlenmäßig überlegene Gegner, so stellt sich doch schnell heraus, dass auch Nathan selbst nicht ganz unschuldig am Verhalten seiner Mitmenschen ist.
Seine spitze Zunge verschont niemanden, was ihm zwar teilweise Bewunderung, aber nie echte Freundschaft einbringt. Er ist der coole Typ, der, der sich immer durchbeißt, immer alles alleine schaffen will.

Selbst wenn es sich so durchaus zum Ziel kommen lässt, kann diese Haltung auf Dauer mehr schaden als nutzen - was Nathan auf bittere Weise erfahren muss und was in gewisser Weise auch die Botschaft des Buches ist.

Aber natürlich lassen die Autoren ihren Helden mit dieser Erkenntnis nicht betrübt in den Sonnenuntergang reiten ;-)) - sie ist vielmehr der Auslöser dafür, dass der Junge neu gestärkt und mit mehr Entschlossenheit denn je in die nächste Runde, das heißt, den nächsten Band einsteigt.

Der wiederum wird nach einem grandiosen Cliffhänger schon ab der letzten Zeile schmerzlich erwartet, was zeigt, dass dieses Gemeinschaftswerk eines auf Fantasy- und Science-Fiction-Romane für Jugendliche spezialisierten Autors wie Mel Odom und eines brillanten Spiele-Erfinders wie Jordan Weisman genau ins Herz der etwa Zehnjährigen trifft, für die sich das Buch hervorragend eignet, auch wenn es ab 12 Jahre ausgewiesen ist.

Spannung und ein Hauch von Mystery wechseln sich ab mit skurrilen Situationen (wenn etwa der zerstreute Archäologe einen Totenkopf auf dem Frühstückstisch ablegt, was seine Hausgenossen nicht alle wirklich gut finden) und brillanten Wortgefechten zwischen Nathan und Alyssa.

Die Aufmachung ist edel: Buch, Spielplan und Spielsteine (aus Speckstein liebevoll gefertigt) befinden sich in einer Box, auf der diverse "Tagebuchseiten" von Nathans verstorbener Mutter - mit Fotos und Einträgen - beigeklebt sind.
Das führt zunächst zu ein wenig Verwirrung beim Leser, klärt aber am Ende auch einiges.

Vor allem auch durch das ebenfalls enthaltene Spiel ein tolles Geschenk und extrem geeignet für Klassen- oder Schulbüchereien.

Miss Sophie