Das Buch direkt bei Amazon bestellen Gabi Kreslehner
Das Regenmädchen

(1. Band)
Ullstein gebunden
ISBN: 9-783-550-088605

Manche Engel müssen sterben ...

Eine regennasse Fahrbahn. Einzelne Autos, die vorbeirauschen. Ein grauer Morgen.
Als Kommissarin Franza Oberwieser an den Tatort kommt, trifft sie der Anblick der Toten wie ein Schlag. Ein schönes junges Mädchen in einem glitzernden Ballkleid liegt verrenkt am Straßenrand.
Franza beginnt Fragen zu stellen und begegnet nur Menschen, die etwas zu verbergen haben. Dunkle Seiten, Abgründe, Lügen.
Die Tote kannte sie alle. Musste sie deshalb sterben?

Wer sich den Roman lieber vorlesen lassen möchte, kann dies in der von Katja Riemann trefflich dargebotenen Hörbuchversion tun.

Rezension:
Wenn die Kommissarin - die ihren altmodischen Namen "Franziska" auf den Tod nicht ausstehen kann - eine Pause braucht, dann holt sie sich ein bisschen Körperkontakt, direkten, schnellen, guten Sex bei ihrem Lover, den sie so ganz für sich auch gern als ihren "Juniregen" bezeichnet, das Lebenselixier schlechthin, wenn der Job mal wieder zu viele Tote mit sich bringt.

Das heißt nicht, dass sie ihren Zahnarzt-Gatten nicht schätzt - im Gegenteil, er ist aufmerksam, fürsorglich, verständnisvoll für ihren aufreibenden Beruf und kocht darüber hinaus mehr als passabel.

Dennoch tut ihr der junge Schauspieler, dessen Geruch an einen portugiesischen Strand erinnert, einfach gut, weswegen die Schäferstündchen mit ihm immer ausgedehnter und gehaltvoller werden.

Das braucht Franza Oberwieser einfach - vor allem jetzt, da ihr jüngster Todesfall tatsächlich unendlich jung an Jahren ist - ein zartes, zerbrechliches Ding, kaum älter als ihr eigener Sohn, der gerade erst Abitur gemacht hat, schöne Sätze sammelt und noch nicht so genau weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll.

Vor ein Auto ist sie gelaufen, die Namenlose, im strömenden Regen - doch das ist noch lange nicht die ganze Geschichte.
Die jedoch will die Kommissarin um jeden Preis herausfinden - genauso wie den Namen der Person, die Schuld an diesem sinnlosen Sterben trägt.

Das hat sie dem Opfer versprochen - in jenem kurzen, kostbaren Augenblick, den Franza stets mit den Toten verbringt, wenn diese noch "zwischen den Himmeln" sind.
Und während die Keks-und-Kaffee-Süchtige und ihr Kollege Felix Herz, der dabei ist, die Vergrößerung seiner Kinderschar zu verdauen, sich auf die Suche nach der Wahrheit machen, entdecken sie immer mehr traurige Details aus dem Leben dieser jungen Toten, die "wie ein Vögelchen herausgefallen ist aus dem Leben".

Mit Hilfe der Erzählungen der Mutter, der Betreuer und Lehrer setzt sich ein unendlich trauriges Puzzle zusammen, das beschreibt, wie ein unbeschreibliches Erlebnis aus einer siebenjährigen "Hüpfliese", einem fröhlichen, aufgeschlossenen Schulkind einen renitenten Teenager macht, der sich selbst verletzt, von zu Hause abhaut, in einer Wohngruppe landet und erst nach diversen Irrungen und Wirrungen schulisch die Kurve kriegt.

Wie unendlich ungerecht, dass gerade in dem Moment, als sich alles doch noch zum Guten zu wenden scheint, der Lebensfaden der jungen Marie brutal gekappt wird.

Es gibt immer mehr Verdächtige, einiges läuft auch während der Ermittlungen gewaltig schief, so dass es zu dem kommt, was man wohl als Kollateralschäden bezeichnen muss, bevor sich die Dinge mit einem gewaltigen Paukenschlag zum Schluss klären.

Der Leser hat von Anfang an einen Wissensvorsprung - allerdings nicht auf der ganzen Linie, so dass die Spannung sich bis zum Ende hält.
Die Entwicklung der sympathischen Protagonisten - alle ein wenig eigen und jede von ihnen mit Potential für deutlich mehr Geschichten - prägt den Roman ebenso wie das bedauernswerte Leben des "Regenmädchens".
Teilweise gibt es Überschneidungen - hier wie dort fühlen Mütter sich schuldig, sich nicht intensiv genug um ihre Kinder gekümmert zu haben.
Wodurch Gabi Kreslehner hier in ihrem Erstling für Erwachsene jedoch vor allem besticht, sind die Eleganz ihrer Sprachbilder und der gekonnte Wechsel zwischen poetischen Formulierungen auf der einen und kraftvoll-vulgären Ausdrücken auf der anderen Seite - je nach Figur und Situation.

Wahrlich eine großartige Geschichte, ein beeindruckendes Buch - vor allem aber eine Autorin, die man sich merken muss!

Miss Sophie