Das Buch direkt bei Amazon bestellen Carlos Salem
Wir töten nicht jeden

Original: Matar y guardar la ropa
Aus dem Spanischen von Ilse Layer
dtv TB
ISBN 978-3-423-21302-8

Ein heißer Sommer.
Ferienzeit.
Pharmavertreter Juan Pérez Pérez freut sich auf vier Wochen Strand mit seinen Kindern.
Doch just vor der Abreise erklären ihm seine Chefs, dass sein Urlaubsziel stattdessen ein FKK-Campingplatz am Meer sei.

Juan Pérez Pérez kann sich ihnen nicht widersetzen - denn er hat eine zweite Persönlichkeit, von der sonst niemand weiß:
Er ist die Nummer 3 einer internationalen Killer-Organisation.

Wie üblich gibt man ihm die Autonummer des Opfers. Das bringt den hochkarätigen Killer in die Bredouille: Es handelt sich um den Wagen seiner Ex, der Mutter seiner Kinder.
Warum hat man sie im Visier?
Oder soll ihr Lover sterben?
Oder will man etwa ihn, die erfolgreiche Nummer 3, ausschalten?

Roman erhielt den Premio Novepol für den besten 2008 veröffentlichten Krimi und in Frankreich den Prix Paris Noir 2010.

Rezension:
Der Held ist so wandlungsfähig wie all jene Protagonisten in den klassischen Spionage-Romanen (und wie – wirft man einen Blick auf die Biografie des Autors – offensichtlich auch sein Erfinder):

Nach außen hin ein unauffälliger Pharmavertreter, jemand den man nicht groß um Erlaubnis fragt, wenn man sich in einem Aufzug eine dicke Zigarre anzünden möchte, wird „Juanito“ zum geschmeidigen, eleganten, selbstsicheren „Juan“ (oder – in anderen Worten – zu „Nummer Drei“) sobald er das tut, was er am besten kann: Leute umbringen.

Das wissen natürlich weder seine von dem – in ihren Augen erfolglosen – Ex-Mann genervte Geschiedene, Leticia, noch die 15jährige Tochter oder der 10jährige Sohn.
Sie alle kennen nur den ruhigen, zurückhaltenden, Enddreißiger, der zur Überraschung aller (und am meisten seiner eigenen) den vierwöchigen Vater-Kind-Urlaub ausgerechnet auf einem FKK-Campingplatz verbringen will.

Was skurril klingt, ist es auch.
Und damit nicht genug.

Es tauchen nämlich noch – in dieser oder einer anderen Reihenfolge, was aber letztendlich absolut keine Rolle spielt – diverse (andere) in- und ausländische Profi-Killer, hinreißende Frauen, ein unbestechlicher Richter (der allerdings der aktuelle Galan der Ex-Frau ist), ein scharfsinniger Polizist (der die besten Ideen beim Betrachten eines Pornos hat), ein älterer Herr, der keineswegs zufällig namensgleich ist wie ein berühmter süditalienischer Autor von Kriminalromanen, sowie diverse Gespenster der Vergangenheit eines Berufskillers, der eigentlich einmal Arzt werden wollte.

Ein, wenn nicht sogar zwei Ereignisse aus seiner Jugend haben Juanito aus der Bahn geworfen – seitdem verläuft sein Leben nach ganz eigenen Regeln.
Und der einzige Mensch, der dem Madrider ein Mentor war, ihn durchschaute wie kein Zweiter und ihm – fast wie ein Vater - das Rüstzeug für seine lebensgefährliche Tätigkeit mitgab, dieser Killer-Kollege ist durch Juans Hand gestorben.
Dennoch ist „die ehemalige Nummer Drei“ immer noch sehr präsent – denn es vergeht kein Tag, an dem sich sein Schützling nicht an diese Lebensweisheit oder oder jenen Überlebenstipp seines Freundes erinnert.

Es passiert eine Menge in dieser turbulenten Slapstick-Krimi-Komödie, die aber immer dann, wenn der Leser es nicht erwartet, zwischen den Zeilen auch einen gewissen Tiefgang aufweist.
Juan ist kein abgebrühter Menschenschlächter, der Gefallen am Töten an sich findet.
Er erledigt Aufträge – und wird, in dem er es tut, zu einem komplett anderen – dem Piratenkapitän, der er als Kind so gern geworden wäre.

Als am Ende der außerordentlich verwickelten Geschichte alles seinen – ziemlich unvorhersehbaren – Gang gegangen ist, hat sich der liebende Vater den Respekt seiner Kinder erobert, mehrere Wölfe im Schafspelz demaskiert und eine Entscheidung getroffen, die sein gesamtes künftiges Leben verändern wird.

Wer Leonhard oder Hiaasen schätzt, wird diesen unkonventionellen Spanier lieben, an dem in diesem Sommer garantiert niemand vorbei kommt und der seine diversen Preise völlig zu Recht eingeheimst hat.

Miss Sophie