Das Buch direkt bei Amazon bestellen Jutta Mehler
Milchrahmstrudel

(5. Band Fanni Rot)
Niederbayern Krimi
Emons TB
ISBN 978-3-89705-963-4

Hat Fanni Rot die Leiche des Altenpflegers Roland Becker auf der Hintertreppe des Seniorenheims Katherinenresidenz nur geträumt?
Man will es ihr zumindest einreden. Denn angeblich weilt der junge Mann höchst lebendig in den österreichischen Bergen.
Doch Fanni glaubt, dass Roland Becker im Sarg des verstorbenen Herrn Bonner begraben wurde – und sieht sich gezwungen, in einem Mordfall ohne Leiche zu ermitteln.

Rezension:
Fanni Rot ist 60 Jahre alt, eine patente Person, warmherzig, voller Humor ... - aber leider seit vielen Jahren mit einem sauertöpfischen Patriarchen verheiratet, der im Kreiswehrersatzamt seine Zeit bis zur Rente absitzt.
Ihre ganz persönliche Emanzipation und der Ausgleich für einen mehr als tristen Alltag, in dem vorrangig eine Rolle spielt, ob das Essen auch pünktlich auf dem Tisch steht, besteht in einem außerehelichen Verhältnis (bisher nur platonisch, aber dafür getragen von sehr viel Gefühl) und im Aufklären von Mordfällen.

Ansonsten tut sie das, was Frauen eines gewissen Alters immer schon für ihre Männer tun durften: Kinder großziehen, Haushalt führen, kochen, nicht aufmucken und sich um alte Verwandte kümmern.
In Fannis Fall ist es Luise, die 83jährige Tante ihres Mannes, die sie an seiner Statt regelmäßig im Altersheim besucht.

Und genau dort stolpert sie wieder einmal über einen toten Menschen - einen sympathischen Pfleger, dessen Körper, obwohl Fanni ihn doch in seinem Blute liegen sah, aber nicht mehr auffindbar ist, als sie mit der eilig alarmierten Heimleitung an den Ort des Geschehens, die Hintertreppe, zurückkehrt.

Dank ihrer Entschlossenheit und Zielstrebigkeit - weswegen sie von Gatte Hans gern auch als widerborstig und dickschädelig tituliert wird - gibt sich Frau Rot nicht mit den Erklärungen über den Verbleib des tatsächlich abwesenden Pflegers zufrieden, sondern beginnt ihre Ermittlungen.
Unterstützt wird sie dabei nicht nur von Ex-Kriminalkommissar Sprudel, der nun seine Zelte in Italien aufgeschlagen hat, sondern auch von der gewitzten Tante Luise.

Nach und nach stellt sich heraus, dass sich der junge Mann - der genau um die Leidenschaft der Heiminsassen für "Millirahmstrudel" weiß und auch noch so manch anderes aus ihrem Leben - in vielerlei Hinsicht unbeliebt gemacht hat: Er prangerte Missstände im Heim an, hatte jede Menge Weibergeschichten und spekulierte auf die Pflegedienstleitung.

Während Fanni diesen und anderen Dingen auf den Grund geht - und nebenbei immer neue Ausreden finden muss, um ihren Mann darüber hinwegzutäuschen, dass sein nach außen so unterwürfig scheinendes Frauchen ihre ganz eigenen Wege geht und zwar nicht allein ... - manövriert sie sich auch diesmal zum Ende hin in Lebensgefahr.

Wenn Jutta Mehler eines kann, dann ist es Spannung, viel Spannung! aufkommen zu lassen. Das Ende enthält einen filmreifen Showdown, gefolgt von einer sehr unerwarteten Auflösung - nicht nur des Falles, sondern der Gesamtsituation.
Bestechend ist der Roman auch ob seiner liebevoll gezeichneten Figuren - angefangen von der trotz ihres Alters und ihrer Behinderung hellwachen tollen Tante über die sensationell gut aussehende, leider etwas tumbe Putzhilfe bis hin zu den Nachbarn, die alle in den bereits abgeschlossenen "Fällen" mehr oder minder bedeutsame Rollen gespielt haben.
Am meisten fasziniert die Autorin wohl jedoch durch die Tatsache, dass sie eben NICHT eine weitere skurrile "Miss Marple aus Niederbayern" geschaffen hat. Denn trotz des durchaus vorhandenen Humors finden immer wieder auch eine gewisse Nüchternheit oder manchmal einfach nur ein Sinn für die glanzlose Realität Raum in den Romanen Mehlers.
Fanni ist eine Heldin, die sich ihre ganz privaten Auszeiten schafft - aber dennoch den Konventionen Rechnung trägt und bis zu einem gewissen Punkt tut, was man von ihr erwartet. Dabei ist sie nicht verbittert - zumindest nicht überwiegend, und gleichzeitig weit davon entfernt, eine weitere schrullig-heitere Klischee-Heldin zu sein.
Das ist gekonnt und ganz großes Kino!

Miss Sophie