Das Buch direkt bei Amazon bestellen Stephan Ludwig
Zorn - Tod und Regen

(1. Band)
Fischer TB
ISBN: 978-3-596-19305-9
»Es dauerte drei Stunden, bis sie den Verstand verlor, und weitere zwei, bis sie endlich sterben durfte.«

Hauptkommissar Claudius Zorn und sein Kollege, der dicke Schröder, haben seit Jahren in keinem Mordfall mehr ermittelt.
Aber nun überstürzen sich die Ereignisse: zwei Morde in kürzester Zeit – blutig, brutal, unerklärlich.
Warum gibt ein Killer seinem Opfer Schmerzmittel, bevor er es quält?
Zorn ist ratlos, Schröder schon mitten drin in den Ermittlungen.
Und der Mörder hat noch nicht genug …

Rezension:
Der Mann hat sich absolut nicht unter Kontrolle:
Er trinkt zu viel, ignoriert den Chef (was er umgehend mit einer Fast-Kaltstellung bezahlt), kümmert sich nicht um Konventionen und fängt Streit mit Streifenbeamten an.
Seinen treuen Adlatus Schröder, externes Gedächtnis und Inspiration, ohne den er nichts wäre, behandelt der 42jährige stets mit einer Mischung aus Kumpelhaftigkeit, heimlicher Verachtung und sich selbst kaum eingestandener Zuneigung.
Mit den Frauen klappt es auch nicht und der Job ödet ihn meist an.
Kurzum, bei Hauptkommissar Claudius Zorn, scheint der Nachname Programm zu sein.

Schröder hingegen, der noch bei den Eltern wohnt, zwar in der eigenen Wohnung, aber im selben Haus, schließt der Leser sofort ins Herz. Zumal in dem Mann weit mehr steckt als man bei seinen 78 Kilo auf 1,65 Körpergröße vermuten würde.
Denn wenn es darauf ankommt, kann er nicht nur richtig recherchieren und schlussfolgern, sondern auch kämpfen. Und wie.

Nach drei Jahren ohne Kapitaldelikt wird das skurrile Duo erst mit einem mutmaßlichen Mordfall konfrontiert (zunächst ist da nur eine Blutlache, gefolgt von zahlreichen unaussprechlichen Grausamkeiten), dann mit einem tragischen Selbstmord, der eine Familie ins Unglück stürzt.
Wehren müssen sich die beiden im Lauf der Ermittlungen gegen einen Karriere besessenen Vorgesetzten, der Zorn alles andere als grün ist und schon bald auch dem Leser ausgesprochen suspekt wird.

Wirklich witzige, sarkastische Sprüche wechseln sich ab mit ausgesprochen brutalen Szenen – bei denen man sich kurz fragt, ob entbeinte und zertrümmerte, zerschnittene und ausgeweidete Opfer tatsächlich immer ein Muss sind, in der Krimilandschaft der 2010er Jahre.
Dann aber zeigt Ludwig, dass er mehr kann, als einen Trend aufnehmen und dem Ganzen elegant eine neue Dimension verpasst:
Die Banalität der Gedanken im Angesicht des eigenen Todes oder des eines nahen Angehörigen – die ist neu, die liest man nicht oft. Und unwillkürlich fragt man sich nach dem Warum. Denn bei genauerer Betrachtung scheint genau diese ausgesprochen nachvollziehbar.
So unterfüttert Ludwig die Handlung – ohne große Ankündigung – mit einer psychologischen Ebene, die den Leser mitten in der größten Spannung zum Nachdenken anregt.

Was es sonst noch zu sagen gibt?
Dauernd regnet es, bald überstürzen sich die Ereignisse, viele Menschen lassen ihr Leben und es geht eine Menge kaputt.
Ob es Hoffnung gibt, ein Morgen und eine Zukunft für die Beteiligten, das lässt der Autor offen, das kann man nicht wissen. Nur wünschen.

Was aber ganz sicher ist: Dieser Roman ist ein großartiges Buch!

Miss Sophie