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Balthasars Vermächtnis

Deutsch von Boris Szelinski und Else Laudan
Ariadne Broschur
ISBN 978-3-86754-214-2

Kriminalreporterin Magdalena Cloete hat vielleicht einen Fehler gemacht, als sie den Anrufer mit der leisen Stimme abwimmelte. Denn jetzt ist er tot. Jemand hat ihm vier Kugeln in die Brust gejagt.
Es ist das Post-Apartheid-Südafrika der Jahrtausendwende. In Pietermaritzburg, Hauptstadt der Provinz KwaZulu-Natal, regiert jetzt der ANC. Doch in den Townships und Dörfern regieren auch Angst und Aberglaube …

Rezension:
Maggie die Reporterin ist ein harter Knochen.
Sie fährt Motorrad (genannt "die Henne"), rennt und säuft wie ein Kerl und wenn es sein muss, verfolgt sie auch schon mal auf eigene Rechnung einen Dieb, Blessuren inbegriffen.
Mit dem Südafrikanischen Regime hat sie nichts am Hut, obwohl sie weiß ist und wer versucht, sie ob ihrer Haltung einzuschüchtern, bekommt ihre spitze Feder zu spüren.
Korrupte Anwälte, reiche Farmer und auch örtliche Gangsterbosse haben dies schon zu spüren bekommen.

Die Motivation der Autodidaktin ist der Wunsch, Ungerechtigkeit zu bekämpfen - nebst einer ordentlichen Portion Trotz gegen Bevormundung.
Also verbeißt sie sich in den Fall des erschossenen Balthasar Meiring, obwohl der Chefredakteur es ihr ausdrücklich untersagt hat.
Teilweise allerdings rührt ihr Engagement auch aus dem Gefühl, dem Mann, der sie einmal telefonisch kontaktierte und um mediale Unterstützung bei einem Gerichtsprozess rund um Aids-Medikamentenschwindel durch einen Quacksalber bat, etwas schuldig geblieben zu sein.

So macht sie sich auf, diesen Balthasar, der sich unerschrocken und lautstark für die einsetzte, die die Gesellschaft ganz an den Rand gedrückt hatte, posthum kennenzulernen.
Sie trifft seine Familie - den Farmervater, der nach dem Tod eines seiner Arbeiter schon einmal unrühmliche Schlagzeilen gemacht hatte, die tief trauernde Mutter, die eher blassen Schwestern, seine früheren Weggefährten aus einer behüteten Jugend in einer renommierten Privatschule, wie auch die Mitstreiter im Kampf gegen Ignoranz und aus Aberglauben geborener Gewalt gegen die Aidskranken und ihre Familien.
Weder lässt sie sich durch Drohungen, noch durch massive Angriffe auf ihre körperliche Unversehrtheit dazu bringen, ihre Nachforschungen einzustellen und sich um Balthasars Vermächtnis zu kümmern.
Mehr und mehr erschließt sich seine Persönlichkeit und die vielschichtigen Aspekte, die bei diesem und weiteren, im Verlauf der Recherche zutage tretenden Verbrechen eine Rolle spielen.
Am Ende gibt es einen atemberaubenden Showdown und vieles hat sich geklärt, wenngleich längst nicht alles "gut" ist, bestimmte Dinge auch nie wieder "gut" werden können.

"Balthasars Vermächtnis" ist ein politischer Roman und er bringt den Leserinnen und Lesern eine Tatsache nahe, die gerade in Europa von den meisten verdrängt wird, wenn sie nicht gar komplett unbekannt ist:
Die nach wie vor starke Verbreitung von HIV-Infektionen in Südafrika (im Glossar wird darauf hingewiesen, dass laut Wikipedia rund ein Fünftel der erwachsenen Bevölkerung davon betroffen ist) in Verbindung mit dem spärlichen Zugang zu antiretroviraler Therapie.
Auch werden - durch die Verweise auf Maggies Vergangenheit - der südafrikanische Grenzkrieg und seine verheerenden Folgen thematisiert.
Dies alles jedoch eingebunden in eine wirklich packende Handlung, die den Lesenden allerdings nichts erspart: Nicht die Kluft zwischen arm und reich, getrennt durch stacheldrahtbewehrte Mauern. Nicht die von Aberglauben motivierten Vergewaltigungen kleiner und Kleinstkinder. Nicht die Macht weißer Männer, die mit zweifelhaften Tränken und Tinkturen ein Vermögen machen. Nicht die Ausgrenzung, die jene erfahren die krank und/oder anders sind.
Allerdings - dies als Ermutigung und Einladung, sich auf die Lektüre einzulassen - gibt es sehr wohl auch positive Momente. Schnelle witzige Wortgefechte. Maggies kompromisslose Haltung, die oft sehr schwarzhumorige Folgen hat - auch für sie selbst. Sogar eine kleine Liebesgeschichte.
Ein wirklich empfehlenswerter Roman, dem hoffentlich noch weitere aus der Feder der in Deutschland lebenden Autorin folgen werden.

Miss Sophie