Das Buch direkt bei Amazon bestellen Karin Slaughter Klaus Berr
Letzte Worte

Originaltitel: Broken
(2. Band Georgia)
Deutsch von Klaus Berr
Blanvalet gebunden
ISBN 978-3-7645-0414-4

Ein totes Mädchen am See. Ein gefälschter Abschiedsbrief.
Der vermeintliche Mörder ist schnell gefasst. Er gesteht – und bringt sich dann in seiner Zelle um. Zuvor jedoch schreibt er mit seinem Blut an die Zellenwand: »Ich war’s nicht.«
Als Sara Linton davon erfährt, ist sie außer sich. Die Polizistin Lena Adams muss den geistig behinderten Jungen zu dem falschen Geständnis und in den Selbstmord getrieben haben.
Sara Linton will Lena ein für alle Mal aus dem Verkehr ziehen und bittet den GBI-Ermittler Will Trent um Hilfe.

Rezension:
Manchmal schließen sich Kreise – manchmal werden sie zu Spiralen...

Sara Linton ist zurück in Heartsdale, wo sie geboren wurde. Jenem beschaulichen Universitätsstädtchen, in dem sie das größte Glück und den größten Schmerz ihres Lebens erfahren hat. Dem Ort, an dem ihre Eltern leben und ihr über alles geliebter Mann gestorben ist.
Dass dieser Vorfall schon vier Jahre zurückliegt zählt ebensowenig wie die Tatsache, dass sich Sara in Atlanta, wo sie nun lebt und arbeitet, eine neue Karriere als Krankenhausärztin und sogar eine vorsichtige, noch sehr im Kennenlernstadium befindliche Bindung aufgebaut hat.

In Heartsdale wiederum erinnert sie jeder Stein und noch viel mehr jeder Bewohner an das, was die Mittdreißigerin verloren hat.
Das wird ganz und gar nicht besser dadurch, dass sie einen ihrer ehemaligen Patienten aus der Tätigkeit als Kinderärztin tot in einer Gefängiszelle findet.
Noch viel schlimmer: Es gibt eine unmittelbare Beteiligung von Lena Adams, jener Frau, die Sara persönlich verantwortlich macht für so gut wie jedes einzelne Unglück in ihrem Leben. Der Frau, die sie so abgrundtief hasst, dass jeder vernünftige Gedanke daneben keinen Platz hat.

Lena ist nicht „gut“, das war sie nie.
Sie belügt und manipuliert ihre Mitmenschen. Hört und sieht bei Bedarf weg, übertritt Vorschriften.
Aber in erster Linie sind es stets mehr die Umstände, die so viel Unheil über ihr eigenes Leben gebracht haben – und dazu führen, dass SIE andere in Schwierigkeiten stürzt.

Das alles ist der Leserschaft bekannt – und vielleicht der Grund dafür, warum man sich mal auf die eine, mal auf die andere Seite schlagen, vor allem aber die beiden Frauen schütteln und sie auffordern möchte, sich zu vertragen.

Allerdings wäre das im vorliegenden Fall schon deswegen extrem schwierig, weil schnell deutlich wird, dass hier Dinge vertuscht und Beweise manipuliert werden sollen.
Will Trent, der Special Agent, den Sara rein aus persönlichen Rachemotiven herantelefoniert hat, als dem Auffinden eines Mordopfers eine Messerstecherei und dann ein Selbstmord folgen, weiß ganz genau, dass etwas faul sein muss, im Fall der beiden jungen Toten.
Doch ist es nicht einfach, konkrete Hinweise zu finden in der Stadt, in der seit Jeffrey Tollivers Tod in der Polizei Korruption, Vetternwirtschaft und ein genereller Schlendrian Einzug gehalten haben. Lenas Vorgesetzter ist ein Saufkopf, alle anderen Polizisten latent aggressiv und kein bißchen entgegenkommend.

Kein Wunder, denn Will Trent muss ja der Tatsache auf den Grund gehen, wie es zum Tod in Polizeigewahrsam eines mutmaßlichen Mörders kommen konnte, der wie ein „großes Kind“ überall als freundlicher, hilfsbereiter Mensch galt.

Erschwerend für den Ermittler kommt hinzu, dass Partnerin Faith Mitchell kurz vor der Entbindung steht und ihn daher nicht begleiten kann.
Dies hat zur Folge, dass sein größtes Handicap nicht problemlos überbrückt werden kann und er mehr als einmal kurz davor steht, entlarvt zu werden.
Als ob das nicht schon anstrengend genug wäre, hat Will auch mit seiner Zuneigung zu Sara zu kämpfen, der er sich nicht ebenbürtig fühlt, während sie wiederum durch seine nach wie vor bestehende Ehe blockiert ist.

So hat man das Gefühl, dass sich hier Menschen selbst im Weg stehen. Sich helfen und schaden zugleich. Ihre Zukunft durch die Vergangenheit blockieren.
Das gilt für Sara und Will ebenso wie für Lena und ihre Kollegen.
Ihnen allen möchte man einen kompletten Neuanfang wünschen, der aber – wie es scheint – teuer erkauft werden muss und trotz aller Bemühungen doch nie hundertprozentig gelingen kann. Zu groß sind die Altlasten.

Ach ja, der Fall …
Natürlich stellt sich heraus, dass jener Unglückselige, dessen kurzes Leben so schrecklich endete, nicht für den Tod der Studentin verantwortlich war.
Die Lösung ist recht überraschend und wieder erst dann zum Greifen nah, als lieb gewordene Protagonisten um ihr Leben fürchten müssen (einer Situation, bei der man sich, wie die Erfahrung lehrt, bei Karin Slaughter nie auf einen eindeutigen Ausgang verlassen sollte).
Doch wie schon in „Tote Augen“ liegt das Hauptaugenmerk darauf, wie sich die Beziehung der Hauptfiguren untereinander entwickelt.
Verwoben wird das jedoch mit einer ausgesprochen spannenden Handlung mit vielen Wendungen und falschen Fährten.
Vor allem aber auch mit einem Ende, das wieder so offen ist, dass der Folgeband schmerzlich herbeigesehnt wird. Gut, dass es den (schon) gibt!

Miss Sophie