Das Buch direkt bei Amazon bestellen Antonia Michaelis
Nashville oder Das Wolfsspiel

Oetinger Verlag gebunden
ISBN 978-3-7891-4275-8
(ab 13)

Die achtzehnjährige Svenja findet in einer Abseite ihrer neuen Tübinger Studentenwohnung einen verwahrlosten, stummen 11-jährigen Jungen und nimmt ihn bei sich auf.
Nach seinem T-Shirt-Aufdruck nennt sie ihn Nashville.
Als eine Serie von Morden an Obdachlosen die Stadt in Aufruhr versetzt, wird Svenja unruhig.
Hat Nashville, der immer wieder heimlich verschwindet, etwas damit zu tun?
Bald schon merkt sie, dass nicht nur Nashvilles, sondern auch ihr Leben bedroht ist.

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Rezension:
Achtzehn Jahre alt ist sie, diese Svenja.
Und, nach dem Wechsel nach Tübingen, wo sie im zweiten Semester Medizin studiert, zum ersten Mal komplett Herrscherin über ihre eigene Bude, ihr eigenes Leben.

Am Anfang ist es vor allem verwirrend: Die anstrengende Lernerei, die ganz unterschiedlichen Kommilitoninnen und Kommilitonen, denen sie begegnet.
Da gibt es die angehenden Ärzte, die wie sie die Welt retten wollen, und die jungen Erwachsenen, die von Beruf vor allem Sohn oder Tochter sind und mit ihrem Studium der Familientradition folgen wollen. Oder müssen.

Daneben lernt die junge Leipzigerin aber auch so schillernden Kunststudenten wie Thierry und Carlo kennen, die mit Friedel, der Svenja in den ersten Wochen so manches Mal aus der Patsche hilft, wenn sie wieder einmal zu spät in eine Vorlesung kommt, in einem besetzten Haus leben.

Vor allem aber begegnet die junge Frau mit den bunten Haaren Nashville.
Einem Kind, das plötzlich in ihrem Küchenschrank auftaucht.
Auf dem Kopf stehend.
Und erst mal kein Wort sagt - nicht einmal den eigenen Namen. Also nennt sie den völlig verängstigten und verdreckten Jungen nach der Aufschrift auf seinem T-Shirt.

Zunächst ist er wie ein Phantom - kaum dreht Svenja sich um, ist er verschwunden. Nach und nach wird er zutraulicher, zeigt seinen Hunger nach Gesellschaft und Bildung.

Das Schicksal hat sie zusammengeführt - und bald wird offensichtlich, dass dieser Straßenjunge die junge Studentin noch für etwas ganz anderes braucht als für ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen ...
Denn während sie zunächst ihr unbeschwertes Leben weiterführt, mit wilden Parties, bei und nach denen an den unterschiedlichsten Orten geknutscht, gefummelt und geliebt wird, sterben in der Universitätsstadt am Neckar, inmitten der angehenden Mediziner, fertigen Ärzte und schlagenden Burschenschaftlern, immer mehr Menschen.

Alles hat irgendwie mit dem Findeljungen zu tun, mit seinen Freunden von früher und denen, die ihm jetzt zur Seite stehen.
Der Elfjährige sammelt Messer und immer wieder fließt Blut. Es geschehen Unfälle, Gewalt wird ausgeübt gegen die Schwachen und Ungeschützten.
Aber auch die Liebe hält Einzug in die turbulente Geschichte, die schön und schrecklich zugleich ist, vieles im Dunkeln lässt und bis zum Ende mit einer fast unerträglichen Spannung aufwartet.
Getragen wird alles von einer zuweilen fast poetischen Sprache, deren Gegengewicht schnelle und ungemein witzige Dialoge bilden.

Alles zusammen ergibt ein unglaubliches Buch!
Kraftvoll, verstörend, wuchtig, berührend und so faszinierend, dass man es nicht beenden will, auch wenn man nicht anders kann ... es in Windeseile beenden muss! Ein Buch von Freundschaft und Freiheit, von Liebe und Schmerz, und vom Leben, wie es ist und wie es sein könnte, wenn man sich einfach mal darauf einlässt, alles auf den Kopf zu stellen.
Wenn dieser Roman nicht auf der Nominierungsliste für den Jugendliteraturpreis 2014 landet, dann läuft etwas verkehrt!

Miss Sophie