Das Buch direkt bei Amazon bestellen Stephan Ludwig
Zorn - Wo kein Licht

(3. Band)
Fischer TB
ISBN: 978-3-596-19636-4
»Bald wird sich die Dunkelheit über seine Augen senken wie ein Vorhang. Dann wird er allein sein, allein mit den Bildern, diesen grauenvollen Bildern. Und er weiß, wer den Preis dafür zahlen muss …«

Ein Mann springt im Morgengrauen von einer Brücke und erschießt sich im Fall. Ein anderer verschwindet, ein dritter überlebt eine Massenkarambolage und ist seither auf der Flucht. Auf dem Ball der Polizeigewerkschaft kommt es zu einem tödlichen Zwischenfall.
Zorn ist heillos überfordert, denn er muss die Ermittlungen zunächst in allen Fällen allein führen. Sein Kollege Schröder liegt vorübergehend mit Gehirnerschütterung im Krankenhaus – auch er saß in einem der Unfallwagen bei dem Massenzusammenstoß. Zorn kann sein Pech nicht fassen und weiß genau, dass er ohne Schröders ermittlerischen Scharfsinn keine heiße Spur haben wird.
Die Ermittlungen drohen jeden Moment aus dem Ruder zu laufen, da geht eine anonyme Nachricht ein:
Alle Fälle hängen auf perfide Weise zusammen. Und Zorn hat bald eine Vermutung, wer hinter all dem stecken könnte, doch weder Schröder noch Staatsanwältin Frieda Borck glauben ihm.
Ein fataler Fehler, wie sich bald herausstellen soll …

Rezension:
Ein großes Büro für zwei.
Eine Neuerung, über die sich Claudius Zorn nur mäßig freut - der Dauerkontakt zum Kollegen mit gelb-grün kariertem Pullunder bringt auch Bilder, Grünpflanzen und wenig Zeit zum ganz allein die Beine auf den Schreibtisch legen mit sich.

Schon wird klar, wie gegensätzlich die Persönlichkeiten der beiden Ermittler sind. Zorn: groß und schlank, Schröder - klar: klein und dick, einer ein Einzelgänger, der andere leutselig.
Und doch hängt der eine am anderen - mehr als es auf den ersten Blick scheint - was sich zeigt, als Schröder in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt wird - weswegen alles andere erst einmal zurückstecken muss.
Denn Schröder ist ja der, der die eigentliche Arbeit macht, allem Struktur gibt, die Fäden entwirrt, so dass Zorn einen hübschen Fall daraus stricken kann.
Doch jetzt ist der 40jährige erst einmal außer Gefecht gesetzt und zu allem Überfluß läuft es bei Emotionslegastheniker Zorn auch noch zu Hause alles andere als glatt ... denn obwohl er seine Freundin liebt, hat er das Gefühl, mehr Raum für sich zu brauchen.
Kurzum: Private Probleme, wo man nur hinschaut - auch bei Frieda Bock, der Staatsanwältin. Dabei ist ihr neuer, der LKA Ermittler, so ein Netter!

Doch bei diesem Autor, das weiß man mittlerweile, ist keine Zeit für zu viel Partner- und "Seelen"-Arbeit.
Einem Selbstmord folgt eine Massankarambolage und dann eine Vergiftungsaktion im großen Stil.
Ludwig lässt es wieder krachen - es gibt massenhaft Tote.

Das allerdings ist der Moment, in dem Protagonist Zorn über sich hinauswächst. Trotz seiner eigenen Defizite und Schwierigkeiten kümmert er sich um Schröder und dessen Familie. Und löst, nach und nach auch noch den Fall ...

Um die Qualität eines Romans zu beurteilen, hilft ein Blick auf das eigene Leseverhalten.
Hast du das dringende Bedürfnis, vorzublättern, dich zu vergewissern, dass sich alles auflöst, irgendwie "gut" ausgeht, überhaupt ausgeht?
Willst du gleichzeitig nicht erfahren, was zu glauben dir schwerfällt? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf?
Spürst du Angst vor dem, was kommt und fieberhafte Gier zu sehen, wie alles zusammenhängt?
Dann, ja dann, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein verdammt gelungenes Buch handelt.

Wohlgemerkt: Ludwig scheut sich nicht, auch liebgewordenen Figuren Schlimmes anzutun, Schuld auszugießen über seine Protagonisten und den Leser dann verstört zurückzulassen. Nicht getröstet, auch nicht erfüllt. Zu sehr hat er ihn durch die Seiten gehetzt und gebeutelt.

Aber, hey, das ist leider gut.
Richtig gut.
Nichts für Weicheier.

Und die Spannung, wie sich wohl die Verfilmung dieser Romanreihe darstellen wird, steigt ...

Miss Sophie