Das Buch direkt bei Amazon bestellen Robert Galbraith Wulf Bergner Christoph Göhler Kristof Kurz
Der Ruf des Kuckucks

Originaltitel: The Cuckoo's Calling
Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner, Christoph Göhler, Kristof Kurz
Blanvalet gebunden
ISBN: 978-3-7645-0510-3

Als das berühmte Model Lula Landry von ihrem schneebedeckten Balkon im Londoner Stadtteil Mayfair in den Tod stürzt, steht für die ermittelnden Beamten schnell fest, dass es Selbstmord war.
Der Fall scheint abgeschlossen.
Doch Lulas Bruder hat Zweifel – ein Privatdetektiv soll für ihn die Wahrheit ans Licht bringen.

Cormoran Strike hat in Afghanistan körperliche und seelische Wunden davongetragen, mangels Aufträgen ist er außerdem finanziell am Ende. Der spektakuläre neue Fall ist seine Rettung, doch der Privatdetektiv ahnt nicht, was die Ermittlungen ihm abverlangen werden.
Während Strike immer weiter eindringt in die Welt der Reichen und Schönen, fördert er Erschreckendes zutage und gerät selbst in große Gefahr …

Ein fesselnder, einzigartiger Kriminalroman, der die Atmosphäre Londons eindrucksvoll einfängt – von der gedämpften Ruhe in den Straßen Mayfairs zu den versteckten Pubs des East Ends und dem lebhaften Treiben Sohos.
"Der Ruf des Kuckucks“ ist das hochgelobte Krimidebüt von J.K. Rowling, geschrieben unter dem Pseudonym Robert Galbraith, in dem sie mit Cormoran Strike einen ungewöhnlichen Ermittler präsentiert.

Rezension:
Es sind zwei Welten, die sich an diesem schicksalhaften Morgen begegnen:
Hier Robin Ellacott, die - noch ganz beseelt vom Heiratsantrag ihres Freundes am Abend zuvor - ihre neue Aushilfsstelle als Sekretärin eines Privatdetektivs antritt.
Und dort eben dieser, Cormoran Strike, 100 kg Lebendgewicht, schlecht verteilt auf 1,92 Meter (in erster Linie in Anbetracht des halben Beins, das in Afghanistan geblieben ist), rein optisch an einen boxenden Beethoven erinnernd, der, völlig abgebrannt nach seiner Trennung von der langjährigen Verlobten, aus dem letzten Loch pfeift und im Büro campiert.

Schnell wird klar, dass der 35jährige Strike nicht nur eine turbulente und tendenziell eher verstörende Kindheit hatte, sondern offenbar auch einen extremen beruflichen Abstieg erlebte, der ihn von einer ehemals hochdekorierten und -respektierten Führungspersönlichkeit in der Militärpolizei in den typischen, Gefallen einfordernden, Privatschnüffler verwnadelt hat.

Die buchstäblich allerletzte Rettung vor dem finanziellen Ruin ist der Auftrag eines Mannes, der sich als Bruder eines Spielkameraden aus Kindertagen entpuppt und außerdem steinreich ist.
Seine Schwester, ein bekanntes Model, ist vom Balkon ihrer sündhaft teuren Penthouse-Wohnung zu Tode gestürzt, doch Anwalt Bristow glaubt nicht an den von der Polizei amtlich attestierten Selbstmord.

Während Strike nun nach anfänglichen Skrupeln beginnt, seine Ermittlungen durchzuführen, ist er ein Wanderer zwischen den Welten.
Das liegt längst nicht nur daran, dass er einerseits die kleinen Leute - Dienstboten, Chauffeure, Sicherheitsleute bis hin zu einer obdachlosen Ex-Psychiatrie-Insassin - also Menschen aus den Niederungen der Gesellschaft, ebenso befragt wie steinreiche Filmproduzenten, Modeschöpfer, Models und Luxusweibchen, die in erster Linie dafür zuständig sind, das Geld ihrer Gatten auszugeben.
Auch selbst ist er eine Art "Zwitterwesen": Als unehelicher Sohn eines alternden Rockstars und eines Berufsgroupies kennt er das Hippie-Leben auf verdreckten Matratzen in besetzten Häusern ebenso wie die Klassenzimmer von Eliteschulen.
Seine zahlreichen Halbgeschwister sind entweder im Olymp der Medien- und Design-Götter gelandet oder zumindest in einem zutiefst bürgerlichen, geordneten Leben, während Strike vom gefeierten Kriegshelden mit reicher und gut aussehender Freundin zu dem Typ Privatdetektiv geworden ist, der froh sein muss, im Zuge der Befragungen zum Essen eingeladen zu werden.
Ganz zu schweigen davon, dass der Kontrast zwischen seinem temporären Wohnsitz über einer Musikkneipe und den Millionen schweren Luxusappartements, in denen die Verwandten und Freunde der Toten in der Regel residieren, kaum größer sein könnte.

Doch Cormoran Strike macht seine Sache gut - trotz privater Rückschläge, die ihn immer wieder völlig unvorbereitet ereilen und körperlicher Schmerzen, die der Prothese geschuldet sind.
Souverän navigiert er bei seinen Recherchen durch all die unterschiedlichen Bevölkerungsschichten, trägt ein Puzzlestückchen nach dem anderen zusammen, um sich ein Bild von der Person der Verstorbenen und den Geschehnissen rund um ihren Todestag zu machen und bringt dabei allerlei Unschönes ans Tageslicht, wovon Abzocke, Konkurrenzneid und Ehebruch noch lange nicht die schlimmsten Auswüchse sind.

Zu Hochform läuft aber auch Sekretärin Robin auf, die sich nach und nach zu einer brillanten Assistentin mit viel Eigeninitiative entwickelt, der die Tätigkeit, die eigentlich nur ein Job auf Zeit hätte sein sollen, erkennbar großen Spaß macht - was ihrem eher konventionell-korrekten Buchhalter-Verlobten nicht wirklich schmeckt.

Natürlich braucht so ein Privatdetektiv Verbindungen, über die Strike dank seiner Militärvergangenheit durchaus verfügt - hier ein Informant, dort ein Computerexperte und auch bei der Polizei gibt es noch Menschen, die ihm etwas schuldig sind.

Immer mehr spannende und unerwartete Details treten zutage in einer Handlung, die erfreulicherweise ganz ohne nervenzerfetzende Verfolgungsjagden und bluttriefende Details auskommt - sieht man vom finalen Showdown ab, in dem der Held dann doch noch in Lebensgefahr gerät, aus der er aber, so viel darf man verraten ;-) (auch in Anbetracht des wohl bereits in Arbeit befindlichen zweiten Bandes) gerettet wird.

Die diversen Charaktere sind möglicherweise klischeehaft, besitzen aber einen hohen Wiedererkennungswert:
Models ebenso wie die Damen der High Society sind gut gebräunt, überschlank und stets mit High Heels unterwegs - egal, ob nun zum Lunch oder beim Kauf eines 5000-Pfund-Mantels in einer angesagten Boutique, in der die Verkäuferinnen sich optisch kaum von den Kundinnen unterscheiden.
Polizisten sind meist sexistisch, oft unfähig und herablassend - ähnlich wie ein Gutteil der Reichen und Berühmten.

Neben der Spannung kommt auch die heitere Note nicht zu kurz:
Sehr gelungen, wie Robin sich immer neue Tricks einfallen lässt, um an Informationen zu kommen oder wie Strike seine von sich eingenommenen Gesprächspartner aus der Reserve lockt.

Ob dem Roman dieselbe Aufmerksamkeit zuteil geworden wäre, hätte sich "Robert Galbraith" nicht drei Monate nach dem Erscheinen des Originals im April 2013 als J.K. Rowling entpuppt? Man weiß es nicht.
Fest steht, dass die Lesart natürlich im Hinblick darauf teilweise eine ganz besondere ist. Automatisch fragen sich Kritiker ob etwa die (negative) Art und Weise, wie Pressevertreter - von TV-Journalisten bis Fotografen - dargestellt werden, auf der persönlichen Erfahrung der Autorin beruht.
Andererseits kann man sich auch auf die Suche nach echten Vorbildern für die diversen im Buch auftauchenden Stars und Sternchen aus Musik-, Medien- und Modebranche machen, was sicher für manche ein zusätzlicher Anreiz ist.

Lässt man aber all dies außen vor und nimmt den Roman für das, was er auf den ersten Blick bietet, dann lässt sich konstatieren, dass es sich dabei um einen solide geschriebenen, durchgängig unterhaltsamen Krimi handelt, der die Leser von der ersten bis zur letzten Seite ungemein fesselt und im Prinzip nur das Durchlesen "auf einen Rutsch" möglich macht.
Fakt ist: Wer diesen Roman verschlungen hat, wird sehr gespannt auf die Fortsetzung warten - das Potential bei diesem Personal ist allemal gegeben.

Miss Sophie