Das Buch direkt bei Amazon bestellen Klaus Nührig
Das Haus an der Paulikirche

LEDA Verlag TB
ISBN 978-3-86412-017-6

Geködert durch eine ihm vertraute Betreffzeile, öffnet der Physiker Dr. Moses Ajayi die Mail eines Absenders, der sich Blackwolf437 nennt.
Sie enthält nichts als das Bild zweier Afro-Europäer, eines Mannes und eines Jungen, aneinandergekettet wie Sklaven. Der Mann trägt Ajayis Kopf. Dass er aber auch das angsterfüllte Kind auf dem Bild ist, kann eigentlich niemand außer ihm wissen. Oder doch?
In der Nacht trifft noch eine zweite rätselhafte Mail ein, und Ajayi fürchtet um das Leben seiner Frau.
Vom ersten Kapitel an nimmt der Leser teil an Ajayis Versuchen, herauszufinden, wer dieses perfide und tödliche Spiel treibt. Puzzlesteine werden zusammengefügt, bis sich ein Bild ergibt, das Ajayi sich nicht erschließen konnte und wollte.

Rezension:
Spam. Täglich bekommt man Spam-Mails. Und man öffnet sie nicht. Erst recht nicht, wenn der Absender Blackwolf437 heißt, und man keinen schwarzen Wolf kennt.
Was aber tut man, wenn im Betreff eine Formulierung steht, um die nur ein ganz bestimmter Personenkreis wissen kann? Wenn klar ist, dass es sich dabei nicht nur um Spam handelt, sondern man ganz gezielt Adressat der Nachricht ist?

Moses Ajayi öffnet eine solche Mail, und danach ist nichts mehr in seinem Leben so, wie es mal war. Schneller als ein paar Mausklicks, so scheint es fast, überschlagen sich fortan die Ereignisse.
Zunächst wird er verdächtigt, einen Mord begangen zu haben, gleichzeitig scheint seine Ehe den Bach runter zu gehen, und selbst seine Freunde distanzieren sich von ihm und positionieren sich völlig neu.
Moses verfolgt viele Spuren, die jedoch immer wieder in Sackgassen enden.
Geht es darum dass seine Hautfarbe schwarz ist, sind es rassistische Motive?
Oder will sich eine frühere Geliebte rächen?
Was ist mit seiner Frau, welche Rolle spielt sie in diesem schmutzigen Spiel, aus dem er nur als Verlierer hervorgehen kann?

Moses macht sich auf die Suche nach der Wahrheit.
Sie ist nicht im Internet zu finden.
Die Motive, ihm sein Leben so schwer machen liegen am Ende dort, wo sie meistens zu finden sind: In den Abgründen des menschlichen Charakters, der sich auch mit den modernsten Medien nicht verändert.
Es geht um Neid, Missgunst, Rassismus und Macht.
Womit am Ende klar wird: Der Mensch ist das Problem, und nicht das Medium, das er für seine Zwecke einsetzt.

Moses ist ein interessanter Mensch, zweifelsohne. Man traut ihm durchaus einen Mord zu, so aufbrausend wie er ist, so vehement wie er sich und seine Position verteidigt, zur Not auch mit Gewalt. Und trotzdem sagt einem eine Stimme im Inneren dass er in diesem Fall das Opfer ist, und kein Täter.
Sein Charakter ist sehr fein skizziert, man hat das Gefühl ihn zu verstehen und seine Aktionen und Reaktionen fast vorhersagen zu können.
Um dann am Ende doch sehr überrascht zu werden, als er entgegen seinem bisherigen Verhalten zutiefst mitfühlend und menschlich agiert und eine einsame Seele in Not nicht alleine lässt.
Beim Schließen des Buches weiß man aber, dass er endlich sein Pendant gefunden hat, dass er sich nun selbst nicht mehr verleugnet, indem er „ja“ sagt zu dem Menschen der ihn braucht - und den er mehr braucht als ihm bewusst zu sein scheint.

Es ist ein Krimi der unter die Haut geht, und Nührig braucht dazu keine 500 Seiten.
Man muss aufmerksam lesen, denn viele Informationen, die scheinbar beiläufig eingeflochten sind, ergeben am Ende einen tiefen und traurigen Sinn.
Kein Wort zu wenig, und kein Wort zu viel. Nichts, was man mal eben so nebenbei am Strand lesen kann, aber in jedem Fall absolut lesenswert.
Man geht mit Gewinn aus dieser Lektüre heraus, und das unabhängig davon, ob man das Buch in der Hand hält und Seiten umblättert, oder ob man es als E-Book liest.
Das Medium spielt keine Rolle.

Eva May