Das Buch direkt bei Amazon bestellen Beatrix Gurian Erol Gurian
Stigmata

Arena Klappenbroschur
Mit Fotos von Erol Gurian
ISBN 978-3-401-06999-9
(ab 14 Jahren)

Die Schatten der Vergangenheit, sie holen dich ein.
Immer.

Nach dem rätselhaften Unfalltod ihrer Mutter ist Emma vor Trauer wie erstarrt.
Bis zu dem Tag, an dem sie einen anonymen Brief erhält mit der Aufforderung: Finde die Mörder Deiner Mutter! Doch warum hätte jemand Emmas sanfte Mutter umbringen sollen?
Die Spur führt Emma zu einem Elite-Jugendcamp in einem düsteren Schloss in den Bergen. Dort stößt sie auf unheimliche Fotografien, die mit der Vergangenheit ihrer Mutter in Zusammenhang stehen müssen.
Gleichzeitig häufen sich die mysteriösen Zwischenfälle unter den Jugendlichen des Camps.
Jemand spielt ein böses Spiel mit Emma. Kann sie die Zeichen richtig deuten – und ihr eigenes Leben retten?

Übrigens: In diesem Trailer könnt ihr schon mal in die spannend-gruselige Atmosphäre der Geschichte eintauchen.
Tut das jedoch am besten bei Tag ...

Rezension:
Schlimm genug, dass Emmas „Mam“ gestorben ist und sie sonst absolut keine Verwandten hat.
Doch noch viel entsetzlicher ist die Tatsache, dass sich der Unfall nach einem Streit zwischen der Teenagerin und ihrer Mutter ereignet hat. Wie gelähmt sitzt die 16jährige in der kleinen Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung, kann einfach nicht glauben, dass sie nicht mehr da ist, ihre Mutter, die Krankenschwester mit dem großen Herzen und allzeit offenen Ohr für die Nöte der anderen.
Bis ein ominöses Päckchen auftaucht. Der Inhalt: Ein praktisch leeres Fotoalbum und der Prospekt für ein Jugendcamp, zu dem sie sich anmelden soll, um mehr über den Tod ihrer Mutter zu erfahren.
Natürlich tut Emma das – sie will den Dingen auf den Grund gehen, herausfinden, was es mit dem angeblichen Mord auf sich hat und mit den Bildern, auf denen sie seltsam vertraute Objekte erkennt.
Gleich die Anreise besteht aus einer Herausforderung: Ganz allein muss sich das Mädchen über einen unwegsamen, steilen Pfad durch Täler und Wälder zu einem einsamen Schloss durchschlagen. Ganz oben auf einem Berg steht der einsame Kasten, der nur auf den ersten Blick prunkvoll aussieht. In Wirklichkeit ist das Gemäuer offenbar in großen Teilen baufällig – was erklärt, warum manche Flügel und Treppen nicht betreten werden dürfen.
Doch obwohl diese Erklärung plausibel klingt, wird Emma den Eindruck nicht los, dass die anderen Anwesenden etwas vor ihr verbergen und nicht sind, was sie zu sein scheinen. Es handelt sich dabei um drei weitere Jugendliche – Sophia, Tom und Philipp, alle von ihnen mit einer ganz eigenen, problematischen Familiengeschichte – und drei Erwachsene. Neben dem Leiter des Ganzen, Dr. Michael Becker, sind es dessen Assistent Sebastian (ein Bild von einem Jüngling) und Dr. Nicoletta Bruns, auch sie noch jung an Jahren.
Da es sich um ein Auswahlcamp handelt, gilt es verschiedene Prüfungen zu meistern – so die Ansage. Aber was dann folgt und sich augenscheinlich auf Emma zu konzentrieren scheint, hat wenig gemein mit herkömmlichen „Teambuilding-Aufgaben“ …
Es ist ein geheimnisvolles Kammerspiel, was sich vor den Augen der gebannten Leserschaft entwickelt – mit einer durchgehend düsteren, unheilvollen Note, die keine Atem- oder gar Lesepausen erlaubt.
Durchgängig und immer intensiver bangt man mit Protagonistin Emma, deren Angst und Misstrauen den anderen gegenüber von Stunde zu Stunde größer werden. Hinter jeder Ecke vermutet das Mädchen eine ungute Überraschung – was sich leider sehr häufig bestätigt.
Die Münchnerin wird eingesperrt, im Dunkeln erschreckt, erleidet mehr als einen Unfall und alles wird beherrscht durch die leidvolle Erinnerung an ihre Mutter, ihre Trauer über den erlittenen Verlust und das Bedürfnis, den Dingen hinter den Fotos auf den Grund zu gehen.
Wie bei einer Horror-Schnitzeljagd führt ein Foto zum nächsten, erzählen die bebilderten Puzzleteile eine Geschichte, die sich in ihrer ganzen Grausamkeit aber nur dem Leser durch die Rückblenden erschließt, während sie Emma zunächst verborgen bleibt.
Dabei gesellen sich zu den üblichen Schreckensszenarien von unheimlichen Geräuschen und dem Gefühl, verfolgt zu werden, Elemente, die das Buch tatsächlich nur für Thriller erprobte Leser und Leserinnen als geeignet erscheinen lassen – unter anderem Blut … sehr viel Blut … ohne sichtbare Verwundungen, ohne Gewalt, ohne Schmerzen ...
Da ist nichts Heiteres, kein jugendliches Geplänkel mit witzigen Sprüchen, das ablenken könnte vom gewaltigen Thema, welches in jeder Szene von erlittenem Unrecht spricht, von Misshandlungen unter dem Deckmantel der Religion, von grausamen Machtspielen einer Sadistin im Ordensgewand.
Nur wenige Jahrzehnte liegen diese Ereignisse zurück – und sind alles andere als das Produkt der Fantasie einer begabten Autorin, wie zahllose Tatsachenberichte bedauerlicherweise belegen.
Doch die wirkliche Kunst ist nicht die Darstellung vergangenen Unrechts, sondern die Verknüpfung mit der Realität, der Lebenswelt junger Menschen, nicht mehr Kind und doch noch lange nicht erwachsen. So nachvollziehbar, die Schuldgefühle der Heldin, die sich doch nur wie die Teenagerin verhalten hat, die sie ist – und nun das Gesagte nicht mehr zurücknehmen kann. Oder der Frust der anderen Teilnehmer, die stets an dem gemessen werden, was andere Mitglieder ihrer Familie erreicht oder auch verbrochen haben und doch für sich selbst gesehen werden wollen.
Doch nicht nur die Figuren des Buches werden zum Spielball gekonnter psychologischer Manipulationen – auch den Lesenden ergeht es nicht besser: Autorin Gurian schürt Ängste und Hoffnung zugleich, jagt nicht nur die Charaktere, sondern jeden, der mit ihnen fühlt, durch eine Achterbahn der unterschiedlichsten Emotionen, stürzt sie in permanente Verwirrung und Unsicherheit darüber, wer Freund ist und wer Feind …
Beatrix Gurian mutet ihren Fans eine Menge zu – und die Reaktionen geben ihr komplett Recht: Genau solche atemberaubenden Szenen wünschen sich die Leserinnen (nicht nur die jungen)!
Wenn die Handlung dann noch gestützt wird von perfekten Fotos, Bildmaterial von gewaltiger Sogkraft, wie es von Erol Gurian punktgenau produziert wurde, dann entsteht ein Gesamtprodukt, das nicht nur voll und ganz überzeugt, sondern die perfekte Grundlage für einen Film wäre, der garantiert nicht nur Jugendlichen willkommene Schauer über den Rücken jagen würde...

Miss Sophie