Das Buch direkt bei Amazon bestellen Bernhard Aichner
Totenfrau

Thriller
btb gebunden
ISBN: 978-3-442-75442-7

Blum ist Bestatterin. Sie ist liebevolle Mutter zweier Kinder, sie besticht durch ihr großes Herz, ihren schwarzen Humor und ihre Coolness. Blum fährt Motorrad, sie trinkt gerne und ist glücklich verheiratet. Blums Leben ist gut.
Doch plötzlich gerät dieses Leben durch den Unfalltod ihres Mannes, eines Polizisten, aus den Fugen. Vor ihren Augen wird Mark überfahren. Fahrerflucht. Alles bricht auseinander.
Blum trauert, will sich aber mit ihrem Schicksal nicht abfinden. Das Wichtigste in ihrem Leben ist plötzlich nicht mehr da. Ihr Halt, ihr Glück.
Durch Zufall findet sie heraus, dass mehr hinter dem Unfall ihres Mannes steckt, dass fünf einflussreiche Menschen seinen Tod wollten.
Blum sucht Rache. Was ist passiert? Warum musste Mark sterben? Als sie die Antworten gefunden hat, schlägt sie zu. Erbarmungslos. Warum sie das tut? Warum sie dazu fähig ist? Die Antwort darauf liegt Jahre zurück.

Rezension:
„Brünhilde“ ist adoptiert (das traditionsreiche Bestattungsunternehmen des alten Blum braucht jemand, der die Nachfolge garantiert …) - und hat die schlimmste Kindheit, die man sich vorstellen kann:
Statt mit Barbies zu spielen, lernt das Mädchen schon im Grundschulalter, Tote zu waschen und anzukleiden. Und anstatt Kleider für ihre Puppen anzufertigen, näht sie mit zehn ihren ersten Mund zu. Sich zu weigern, ist keine Option. „Wer nicht pariert, kommt in den Sarg!“
Dennoch gelingt es dieser zutiefst traumatisierten Person, sich ein glückliches Leben aufzubauen, an der Seite des Österreichers Mark, eines leidenschaftlichen Seglers und Kommissars. Die beiden verstehen sich ohne Worte – in seiner Gegenwart ist sie glücklich und gelöst. Er hingegen ist ein echt „Guter“, einer der immer erst das Beste von jedem annimmt, die Menschen verstehen und ihnen helfen will, nie jemanden tritt, der schon am Boden liegt.
Sie wiederum hat sich mit den Toten nicht nur arrangiert, sondern sie mittlerweile zu ihren Freunden gemacht und übt ihren Beruf als Bestatterin mit Leib und Seele aus. Gekrönt wird alles durch die Geburt von zwei wunderbaren Töchtern.

Bis das Schicksal zuschlägt:
Ein Motorradunfall, direkt vor Blums Augen.
Dieser katapultiert die Frau, die ihren Vornamen mit 16 ablegte, in die schwärzeste aller schwarzen Dunkelheiten, reißt ihr das Herz aus dem Leib. Da kann ihr niemand helfen – nicht Karl, Marks Vater, frühpensionierter Kriminaler, der beste Opa der Welt, der mit im Haus wohnt. Nicht Reza, der schweigsame Bosnier, der auf Umwegen Jahre zuvor Blums Gehilfe und rechte Hand wurde. Und auch nicht Massimo, Marks Kollege und Freund, mit seinen diversen privaten Problemen.
Unglaublich viel Verzweiflung ist in diesem Teil des Buches – so viel Schmerz und greifbare Trauer, dass es den Leser (oder fast mehr noch den Hörer bei der Audioversion) selbst zerreißen möchte. Und doch muss er durch, so wie Blum dem allem ausgesetzt ist.
Die Wende kommt, als sie Unterlagen findet, von einem Fall, an dem Mark offenbar im Alleingang gearbeitet haben muss. Er steht in Verbindung mit einer geheimnisvollen Frau, die Blum durch einen fast unglaublichen Zufall tatsächlich ausfindig macht und befragt. Was diese – eine obdachlose Dolmetscherin aus Moldawien ohne Aufenthaltsgenehmigung – berichtet, ist nachgerade unfassbar. Von entführten, gequälten, misshandelten und missbrauchten Menschen erzählt diese Dunja – und davon, dass Mark ihr geglaubt hat.
Langsam taucht Blum aus dem tiefen Tal auf, in das sie durch den Tod des geliebten Ehemanns gestürzt ist, findet zurück zu ihrem wahren Naturell, dem Wortwitz, der sie auszeichnet. Sie lernt Motorradfahren, wird „Mark“ und macht sich auf die Suche nach den Männern, die für die Ereignisse rund um die „Illegale“ verantwortlich sind.
Bei ihren Ermittlungen ist sie alles andere als politisch korrekt, erspart sich und anderen praktisch nichts und schreckt auch vor Gewalt nicht zurück.
Ein ums andere Mal geraten sie und ihre Freunde in ausweglose Situationen – und ein ums andere Mal erspart uns der Autor, der als Teil der Recherche für dieses Buch monatelang tatsächlich in einem Bestattungsunternehmen arbeitete, weder Blut, noch Kot, Urin, Tränen oder zerbrochene Herzen.
Zahlreiche Rückblenden machen die Protagonisten noch lebendiger, als sie es durch die sehr spezielle Sprache des Autors bereits sind.
Die Dialoge sind durch Spiegelstriche gekennzeichnet, nicht durch Anführungszeichen. Und sie sind knapp, pointiert, direkt, gut lesbar.
Durchgängig nimmt Aichner seine Leserschaft mit auf einen Höllenritt durch ein dunkles Rachemärchen, düster, grausam und archaisch. Aber nach Blums Logik auch mehr als gerecht.
Ein großartiger Roman – definitiv nicht geeignet für zartbesaitete Gemüter.

Miss Sophie