Elke Pistor
Treuetat
Ullstein TB
Kommissarin Verena Irlenbusch kümmert sich um ihre an Alzheimer erkrankte Großmutter, als ihr Dokumente über die Nazivergangenheit ihres Großvaters in die Hände fallen. Sie ist geschockt und stellt sich ganz neue Fragen zu ihrer Familiengeschichte.
Rezension:
Kommissarin Verena Irlenbusch hat allerdings noch ganz andere Probleme als den komplizierten Fall, in dem es nicht nur bei einem Opfer bleibt. Sie muss ihre demente Großmutter auf die Schnelle in einem Kurzzeitpflegeplatz unterbringen, weil die Pflegerin aufgrund eines häuslichen Notfalls nach Polen reisen muss.
Aber auch die anderen beiden kämpfen mit ihren jeweiligen privaten Dämonen:
In die Teamarbeit zu dritt müssen sie sich erst hineinfinden dass das nicht ohne Konflikte geschieht, ist klar. Vor allem für Verena, die ihre eigene Person vor lauter Loyalität nach allen Seiten sträflich vernachlässigt.
Doch Verena ist ein Stehaufmädchen und deswegen beißt sie die Zähne zusammen und kümmert sich um die Ermittlungsarbeit.
Viele Puzzlestücke fügen sich langsam zu einem Bild zusammen, dessen Ursprung offenkundig viele Jahre zurück liegt.
Das Ende des Romans, der seine Spannung über die Inhalte bezieht und nicht über nervenzerfetzende Verfolgungsjagden (wenngleich es auch hier die eine oder andere gibt), kommt mit einem Knall.
Miss Sophie
ISBN 978-3-548-28611-2
Gleichzeitig ermittelt sie mit ihrem Kollegen Christoph Todt in drei scheinbar miteinander verbundenen Mordfällen.
Die beiden stehen vor einem Rätsel, dessen Lösung sie an neue Grenzen bringt: Wer ist in diesem Spiel Opfer und wer Täter?
Ein toter Journalist und Uni-Dozent, wie es scheint, ein rechter Kotzbrocken, der vorzugsweise die Menschen ausgenutzt, dann verspottet hat.
Die Liste der potentiellen Täter ist also nicht klein abgelegte Freundinnen zählen ebenso dazu wie die von ihm unterrichteten und längst nicht immer fair behandelten Studenten. Einer davon besitzt eine bewegte Vergangenheit, neigt zu Gewalt und ist überdies erkennbar in Dinge verwickelt, die jemanden in große Schwierigkeiten bringen.
Seine Komplizin in dieser Sache: Eine nach außen hin völlig harmlose und unbescholtene Frau mit einem zutiefst bürgerlichen Beruf.
Gleichzeitig muss sie zwischen der Kollegin und Freundin Leo, die nach ihrem schweren Motorradunfall langsam wieder ins Arbeitsleben einsteigen soll, und dem neuen Partner Christoph, mit dem sie mittlerweile ein eingespieltes Team bildet, vermitteln.
Kein Wunder also, dass sie sich permanent unter Strom fühlt.
Selbst ein Zusammenbruch bringt sie dabei nicht zur Vernunft.
Christoph, der seine Frau durch Suizid verloren hat und nun nach einer Pause, die Tochter Emma bei Pflegeeltern verbrachte, das Mädchen wieder nach Hause holt, fragt sich, wie er den arbeitsreichen Alltag als alleinerziehender Vater eines Kindergartenkindes meistern soll.
Leonie hingegen fühlt sich als Teilinvalidin mit derzeit immer noch nur einer funktionierenden Hand, und sorgt sich um ihre berufliche Zukunft.
Als dann zu allem Überfluss Fotos auftauchen, die darauf hinweisen, dass die Großmutter ihr in ganz wesentlichen Punkten der eigenen Lebensgeschichte nicht die Wahrheit gesagt hat, ist sie nahe daran, zu zerbrechen.
Auch hier liegt zunächst vieles im Dunkeln, doch nach und nach zeichnet sich ab, dass es entweder um Erpressung ging oder darum, dass hier jemand ohne Rücksicht auf Verluste den ganz großen Coup geplant hat.
Und es wird klar, dass Autorin Pistor, wie schon im ersten Band, in dem sie die Leserschaft mit einigen unbequemen Wahrheiten im Zusammenhang mit dem Thema Alzheimer konfrontierte, auch diesmal etwas aufgegriffen hat, das zahllose Menschen beschäftigt und doch immer wieder schamhaft verschwiegen wird.
Die Folgen nämlich, die die konkreten Ereignisse der Vergangenheit für ganze Generationen mit sich brachten und noch immer bringen. Das, was unmittelbar Beteiligte jahrzehntelang verdrängt haben, bricht sich am Lebensende mit Macht Bahn. Und auch die Kriegs-Kinder und -Enkel tragen vielfach eine Last, die ihnen lange nicht bewusst war wenn überhaupt.
Viele Fragen bleiben offen zusammen mit der Gewissheit, dass die Figuren längst noch nicht auserzählt sind und man sich unbedingt ein Wiederlesen wünscht.