Das Buch direkt bei Amazon bestellen Ian Rankin
So soll er sterben

Originaltitel: Fleshmarket Close
Aus dem Englischen von Claus Varrelmann, Heike Steffen
(15. Band)
Manhattan gebunden
ISBN 3-442-54605-2

Ein illegaler Einwanderer wird ermordet in einer Edinburgher Sozialsiedlung gefunden – ein Mord mit rassistischem Hintergrund oder etwas ganz anderes? Die Spuren führen Inspector Rebus von der berüchtigten Sozialsiedlung Knoxland geradewegs in die Tiefen der Edinburgher Unterwelt.
Unterdessen kümmert sich Siobhan Clarke um den Fall eines verschwundenen Mädchens, und auch sie taucht bei ihren Ermittlungen ein in die dunkelsten Ecken Edinburghs, in das berüchtigte »Schamdreieck«.
Was zunächst wie purer Zufall erscheint, erweist sich allmählich als logischer Zusammenhang. Denn hier, in den zwielichtigen Kneipen und Bars, halten ein paar Männer alle Fäden in der Hand, zu deren Geschäften auch Menschenhandel im großen Stil zählt.
Und die es gar nicht gerne sehen, wenn Rebus und Siobhan Clarke ihre Kreise stören …

Als bester Spannungsroman des Jahres mit dem British Book Award ausgezeichnet.

Rezension:
„Seine Arbeit war sein Leben. Im Lauf der Jahre hatte er zugelassen, dass alles andere in den Hintergrund gedrängt wurde: Familie, Freunde, Freizeit …“

Und genau diese Arbeit – zumindest so, wie sie war, im alten Revier und mit den langjährigen Weggefährten – hat man ihm genommen. Die alten Kollegen sind in alle Winde zerstreut, nur Siobhan und John (für den es jedoch nicht einmal einen Schreibtisch gibt) durften nach Auflösung des CID zusammen an eine neue Wirkungsstätte wechseln.
Dort gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten – nicht nur unter den Kollegen …
Das zeitgleiche Verschwinden der jungen Tracy mit dem Auftauchen des Vergewaltigers ihrer nach Selbstmord verstorbenen Schwester bringt die beiden Ermittler in Kontakt mit den Table Dancern der Stadt.
Und dann sind da noch der tote Ausländer und der Fund von alten Knochen …

Rankin beschönigt nichts – die Hunderte von Illegalen, die von skrupellosen Menschenhändlern wie Tiere gehalten und unter den unwürdigsten Bedingungen zur Arbeit geschickt werden, kann auch Rebus nicht retten.
Was ihnen bleibt ist die Wahl zwischen dem Leben in ständiger Angst plus Schufterei zu einem Hungerlohn und der Rückkehr in ihre Herkunftsländer …

Bitter auch Johns Fehleinschätzung, die einen der Verdächtigen fast das Leben kostet. Schmerzhaft holt ihn diese Episode zurück auf den Boden der Tatsachen und führt ihm vor Augen, dass auf der anderen Seite auch nur Menschen stehen – schwach, käuflich, vielleicht sogar unsympathisch, aber doch menschliche Wesen mit Gefühlen und Ängsten.

Und am Ende steht neben der Auflösung der diversen Fälle und einem zarten Hoffnungsschimmer doch wieder die Erkenntnis, dass das Böse seine ganz eigene Ordnung hat und nicht in 538 Seiten ausgemerzt werden kann.

Selbst die Beziehung des Ex-Loners zur Menschenrechtsaktivistin Caro – überraschenderweise keine von diesen „typisch verwöhnten Mittelschichtsgutmenschen“ kann an dieser bitteren Tatsache nichts ändern. Zumal sie allein durch Johns Beruf unter keinem guten Stern steht.

So bleiben ihm zum Schluss doch wieder nur die beiden, bei denen er auf Nummer Sicher gehen kann: Siobhan und der Alkohol.

Da wo andere Autoren Gefahr laufen, sich im x-ten Band einer Reihe zu wiederholen und einen nur leicht unterschiedlich gewürzten Handlungs-Einheitsbrei zu servieren, ist Rankin wie ein guter Wein: Je länger er den Rebus in sich trägt und einmal im Jahr auf dem Papier zum Leben erweckt, umso runder und gelungener ist die Darstellung dieses singulären Protagonisten.

Wie eh und je raucht und trinkt der alte Haudegen nicht eben wenig – allerdings dröhnt er sich nicht mehr so oft bis zur Besinnungslosigkeit zu. Sein rebellisches und schroffes Wesen kann er bei passender Gelegenheit zwar immer noch zum Vorschein bringen – viel häufiger jedoch ist er bereit zu kooperieren, die Kollegen eher durch taktisch kluge Maßnahmen sanft zur Zusammenarbeit zu nötigen als mit Gewalt.

Fesselnd und brillant, gespickt mit dem für ihn ganz typischen Humor malt Rankin ein pointiertes Bild eines ganz anderen Schottlands. Zwar sind die Viertel Knoxland und das Abschiebegefängnis frei erfunden, doch weiß der Erfolgsautor dennoch nur allzu gut, wovon er spricht, wie die weiterführend Links zeigen, die er am Ende des Buches auflistet.

Großes Kompliment auch an die Übersetzer Varrelmann und Steffen – kraft- und ausdrucksvoll geben sie den Ursprungstext wider und auch ihre Wortspiele werden Rankins unverwechselbarem Stil umfassend gerecht.

Alles in allem also eine Empfehlung und das nicht nur für die Rankin-Fans.

Miss Sophie