Das Buch direkt bei Amazon bestellen Sebastian Fitzek
P. S. Ich töte dich

Droemer gebunden
ISBN 978-3-426-19897-1

13 Zehn-Minuten-Thriller

Wohliger Schauder für die dunkelste Zeit des Jahres:
Dreizehn Thrillerautoren der internationalen Spitzenriege sorgen dafür, dass Ihnen das Blut in den Adern gefriert, und zwar für weitaus länger als die zehn Minuten, die es zum Lesen jeder Story braucht.
Denn sie alle beherrschen die Klaviatur des Grauens perfekt.

Mitwirkende:
Sebastian Fitzek, Val McDermid, Thomas Thiemeyer, Torkil Damhaug, Petra Busch, Michael Connelly, Markus Heitz, Michael Koryta, Steve Mosby, Judith Merchant, Jens Lapidus, Markus Stromiedel, Jilliane Hoffman.

Mit Handschriftenproben der Autoren, graphologisch gedeutet!

Rezension:
Erschienen bereits im vergangenen Jahr mit einem Focus auf Weihnachten wird das edle Hardcover in Moleskine-Ausstattung (Lesezeichen-Gummiband inklusive) vom Verlag für die "dunkelste Zeit" des Jahres angepriesen.
Das jedoch wird dieser herausragenden Anthologie keinesfalls gerecht, da man sie nämlich das ganze Jahr über lesen kann, wenn nicht sogar lesen sollte!

Im Vorwort schreibt Herausgeber Fitzek:
"Eine Short Story braucht alles, was ein Leser von einem großen Thriller verlagt: Eine aufregende Handlung, interessante Figuren, einen unverwechselbaren Stil und eine überraschende Pointe. Und ..... sie braucht noch mehr: ... Hier muss jeder Satz, am besten jedes Wort, stimmen."

Besser könnte man sie nicht auf den Punkt bringen - die Quintessenz dieser Kurzgeschichtensammlung internationaler Autoren, die sich vor allem dadurch aus der Masse heraushebt, dass es so gut wie keine Story gibt, die den Leser nicht entweder völlig sprachlos, verwirrt, überzogen mit Gänsehaut oder einem leisen Lächeln zurücklässt.

Dabei könnten die einzelnen Beiträge unterschiedlicher nicht sein:

Bei manchen, wie etwa bei "Schöne Bescherung" von Val McDermid oder Michael Connellys "Späte Abrechnung" stehen beliebte Serienhelden im Zentrum, denen der Fan immer wieder gern bei der Arbeit zusieht.
Faszinierend, wie sich etwa Psychologe Tony Hill auch auf wenig mehr als 20 Seiten perfekt an den Täter herantastet, ihm immer näher kommt, indem er das Vorleben der auf den ersten Blick völlig unverdächtigen Opfer durchforstet und so die Gemeinsamkeit findet.
Und nachgerade genial, wie Detective Harry Bosch im Verlauf von 33 Seiten - die durchaus noch ein paar mehr hätten sein dürfen - nicht nur eine Diebstahlserie in einem Pfandhaus klärt, sondern den Leser in einem zu Tränen rührenden, ausgesprochen poetischen, Nebenstrang die heilende Kraft der Musik in kritischen Lebenssituationen nahe bringt.

Bei anderen Geschichten wiederum ist der Grad zwischen Wirklichkeit und Wahnsinn ein so schmaler, dreht sich das Karussell von echter und eingebildeter Realität so schnell, dass der Leser am Ende mit schlotternden Knien absteigt - nicht, ohne vorsichtig in jede dunkle Zimmerecke zu schauen und vorsichtshalber vor dem Einschlafen das Licht anzuschalten ...< br> FALLS er überhaupt die Augen schließen kann oder möchte ... wie der Protagonist in Sebastian Fitzeks "Nicht einschlafen", der wie so viele von uns ein paar Zeilen lesen muss, um ins Reich der Träume abdriften zu können. Die jedoch sind im Fall dieses Ehemannes so albtraumhaft, dass man ihm nicht verdenken kann, wenn er um jeden Preis versucht, wach zu bleiben.
Was den Bewohnern im "Ein ehrenwertes Haus" von Markus Heitz allerdings auch nichts mehr genützt hätte: Ein wahres Gemetzel unter bis dahin respektablen Mitgliedern der Gesellschaft nimmt hier seinen Lauf, bei dem eine Szene des Grauens in Technicolor aberwitziger ist als die nächste und der Wahnsinn in Tüten auch den Leser bis zur völlig logischen Auflösung kaum verschont.
Das Ende der Geschichte bei Judith Merchants "Monopoly" ist zwar ebenso einleuchtend, gleichzeitig aber ausgesprochen schwarzhumorig und zeigt, wie viel Alkohol, wenig Geld und ein kirschroter Wollmantel für 99 Euro aus ganz normalen Mädchen Mörderinnen machen kann.

Herausragend schließlich zwei ganz unterschiedliches Stories, von denen sich die eine wie ein "Appetizer" liest, mit der Michael Koryta Hunger auf viel mehr vom selben Stoff macht, und darauf, zu erfahren, wie der junge Mann im Zentrum von "Der Winter nimmt alles" mit dem belastenden Erbe seines Totengräber-Vaters umgehen und wie die Fähigkeit, die Sprache der Toten zu verstehen, welche Fluch und Gabe zugleich ist, sein Leben verändern wird.
Die andere wiederum, "Vita reducta" von Petra Busch ist von ganz anderem Kaliber, sind doch dort auf 20 Seiten ein, nein, sogar zwei ganze Leben, die per Kopfkino im Zeitraffer stattfinden. Tragisch und verstörend verwischen sich in den diversen Ebenen, von denen immer eine Schicht mehr zum Vorschein kommt, die Grenzen zwischen Opfer und Täter, zwischen dem Polizisten, den der Tod seiner Frau komplett aus der Bahn geworfen hat und dem Jungen, der schon als Kind zum ewigen Verlierer bestimmt wurde.
In einer Mischung aus poetischen Bildern und knallharten Fakten, in denen viel gesagt und noch mehr der Fantasie des Lesers überlassen wird, zeichnet die Autorin einen schicksalhaften Weg nach, bei dem es um alte und neue Verletzungen, ums pure Überleben und um Rache geht. Einen Weg, der zwangsläufig auf eine einzige Sache zuführt: Zwei Männer im Schnee und eine große Katastrophe.

Der besondere Clou dieser Anthologie folgt jedoch erst ganz am Ende:
Ein graphologisches Kurzgutachten anhand einer Schriftprobe von jedem Autor - viel Spaß beim Zuordnen der Analysen!
Vielleicht ergibt sich dabei sogar ein lustiges Ratespiel: Versuchen Sie einfach einmal, herauszufinden, wem da "schauspielerisches Talent" bescheinigt wird, nebst der Fähigkeit, sich "gekonnt auf gesellschaftlichem Parkett" zu bewegen.
Oder wer hingegen "für sinnenhafte Reize aufnahmefähig" ist und gerne die "Annehmlichkeiten des Lebens" genießt.
Und falls es Ihnen gelingt, aus dem, was wir natürlich nie als "Gekritzel" bezeichnen würden ;-) "abstraktes und scharfsinniges Denkvermögen", "diplomatisch geschicktes Kommunizieren" und "persönliches Zurückhaltung" herauszulesen, dann sind Sie ein wahrer Meister!

Alles in allem ein Buch, an dem man selbst lange Freude haben - und anderen Freude bereiten kann.
Nicht nur zur schönen Winterzeit! ;-)

Miss Sophie