Das Buch direkt bei Amazon bestellen Dick Francis
Hurrikan

Original: Second Wind
Diogenes gebunden
ISBN 3-257-06270-2

Perry Stuart ist ein ausgeglichener Mensch.
Doch sein Berufsleben wird von Schönwetterlagen und Kaltfronten bestimmt. Als Meteorologe bei der BBC liefert er die Wetterprognosen, die für viele Menschen von existentiellem Nutzen sind - für die Bauern zur Planung der Ernte, für die Pferdetrainer zur Vorbereitung eines Rennens und nicht zuletzt für die Einwohner von Sturmgebieten zur Rettung von Leib und Leben.
Stürme aber sind schwer vorherzusagen. Perry und sein Arbeitskollege Kris wollen daher, wie schon so viele abenteuerlustige Meteorologen vor ihnen, zwecks Erforschung einen Hurrikan durchfliegen.
Cayman Islands in der Karibik: Strahlend blauer Himmel über weißem Standstrand, leichte Brise über tiefblauem Meer. Die Idylle trügt. Nur wenige Kilometer von hier wütet Hurrikan Odin.
Perry und Kris fliegen hinein - und kommen als veränderte Menschen wieder heraus. Denn was sie gesehen haben, ist weit mehr als ein meteorologisches Phänomen, weit todbringender als ein Hurrikan.

Rezension:
Er hat über den Rennsport geschrieben.
Und über Menschen, die beruflich mit Pferden zu tun haben.
Seine Helden waren Jockeys, Trainer, Besitzer, Tierärzte, Sportjournalisten, Versicherungsdetektive.
Außerdem Architekten, Agenten, Erben, Fotografen, Lehrer, Maler, Medienleute, Politiker, Piloten, Physiker, Schauspieler ... (diese Liste könnte noch um einiges erweitert werden, aber der Dick Francis Kenner weiß sowieso, wovon die Rede ist, und den "Einsteiger" wird es wenig interessieren).
Diesmal steht also ein fotografierender Physiker, der von Beruf TV-"Wetterfrosch", bei Bedarf Hobby Co-Pilot und schließlich eine Art Agent wider Willen ist, im Zentrum des Romans, der übrigens teilweise auf einer Rennbahn, einem Gestüt und in einer Tierklinik spielt.
Wie immer bei Francis werden von Anfang an eine Menge Personen eingeführt, die am Ende des Buches entweder ...
... tot sind,
... sich als völlig anders als ursprünglich gedacht entpuppen,
... ihrer gerechten Strafe zugeführt werden oder
... eigentlich gar nichts mit der ganzen Sache zu tun haben.
Der Plot selbst ist zweifelsohne spannend - sobald man sich als naturwissenschaftliche Niete durch die meteorologischen Details hindurchgearbeitet hat oder sich alternativ einfach von Perry, dem Helden, bei der Hand nehmen und durch die verschachtelten Handlungsstränge und diversen Schauplätze führen lässt.
Und, mal ganz ehrlich, es gibt wirklich Schlimmeres, als sich einem intelligenten, geistesgegenwärtigen, abenteuerlustigen, aber nie unvorsichtigen Strahlemann anzuvertrauen, der jede Situation meistert und dafür sorgt, dass am Ende das Gute triumphiert.
Gut, ganz ohne Blessuren geht dies natürlich nicht ab - aber umso süßer ist die Rache an den Peinigern und das Vergnügen des Lesers, wenn er erleben darf, wie die Kraft des Geistes über schiere Muskelkraft triumphiert.
Wenn die Rezensentin - als bekennender Francis-Fan - dennoch nicht in uneingeschränkte Beifallsstürme ausbricht, so mag dies wahrscheinlich an der doch recht wissenschaftlichen Ausrichtung des Romans liegen.
Und daran, dass der Autor weitgehend auf seine sonst so pointierten, selbstironischen Spitzen verzichtet, wenn er seinen Protagonisten durch die unverzichtbaren lebensgefährlichen Situationen manövriert.
Ach ja, und geritten wird auch nicht so besonders viel.
Aber das ist ja das Schöne an Francis: Vertrautes und Liebgewonnenes kombiniert er gekonnt und handwerklich sauber mit immer wieder neuen Themen.
Nur schade, dass es nun wieder geraume Zeit dauert, bis der Leser das nächste Buch in einer "Nachtschicht" verschlingen kann.
Ein Buch, in dem der Held ein malender Schauspiellehrer mit Pferdezucht sein könnte, der während seiner Urlaubsvertretung für einen Zirkusreiter eine Bande korrupter, Kokain und Menschen schmuggelnder Beamter der Einwanderungsbehörde zur Strecke bringt .... oder so ähnlich.

Miss Sophie