Das Buch direkt bei Amazon bestellen Jean-Bernard Pouy Stefan Linster
Die Schöne von Fontenay

Original: La Belle de Fontenay
Aus dem Französischen von Stefan Linster
DistelLiteratur TB
ISBN 3-923208-48-0

Die schöne Laura wird tot in einer Regentonne in Enrics Schrebergarten gefunden.
Der taubstumme Ex-Journalist und erstmal Hauptverdächtige lässt für einige Zeit die Pflege seiner Lieblingskartoffel Schöne von Fontenay im Stich, um sich auf die Suche nach dem Mörder der Gymnasiastin zu machen.
Der sonderliche alte Mann kitzelt auf eine spezielle Art aus Lauras Freunden, Lehrern und Familienmitgliedern brisante Informationen heraus.
Enric beginnt zu ahnen, dass hinter dem Mord weniger Eifersucht steckt, sondern eine strategische Schutzmaßnahme gegen Erpressung.
Die Beweismittel für Geldveruntreuung in einer maoistischen Gruppe hatte somit nicht nur Laura in der Hand, sondern nun auch der Kartoffelzüchter.

Rezension:
In Enrics Regentonne wird Laura gefunden, ermordet; die 17jährige Schülerin hat gerne ihre Nachmittage in seinem Schrebergarten am Rande von Paris verbracht.
Enric gerät unter Mordverdacht und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln, da die Polizei ihm nicht ausreichend kompetent erscheint. Seine Vergangenheit als Anarchist und Flüchtling aus dem spanischen Bürgerkrieg steht ihm dabei ebenso im Wege, wie sie ihm durch seine Verbindungen und Erfahrungen auch nützt.
Obwohl er als Junge durch eine Schussverletzung taubstumm wurde, ermittelt der einsame, desillusionierte Ex-Journalist auf ganz eigene Weise im Schul- und privaten Umfeld des Mädchens, teilweise mit Hilfe seiner Menschenkenntnis und Sensibilität, nicht selten auch mit brutalen Methoden, wie sie in seiner bewegten politischen Vergangenheit an der Tagesordnung waren.
Realitätsnah in der (Umgangs-)Sprache, verstörend genau und erbarmungslos in der Schilderung seiner Charaktere, zeichnet der Autor ein Bild des Vorstadtlebens an einem Gymnasium in Paris, das wenig mit Pennäler-Romantik und Bildungsidealen gemein hat.
Dabei bleibt er jedoch, wie auch sein Antiheld, nicht durchgehend zynisch und resignierend. Liebevoll beschreibt er immer wieder Lichtblicke und hoffnungsvolle Zukunftsaussichten, die vor allem in den Portraits der Jugendlichen sichtbar werden.
Ein tiefsinniges, fesselndes Buch, optimistisch und verstörend zugleich.

June