Wolf Haas
Wie die Tiere
(5. Band Brenner)
In Wien stehst du dem Tod ein bisschen näher als anderswo.
Rezension:
Paula Parboiled
Rowohlt gebunden
ISBN 3-498-02961-4
Deshalb ist es aber noch lange nicht normal, wenn plötzlich die Hunde sterben wie die Fliegen. Sogar Kampfhunde schlucken schwer an diesen seltsamen Keksen, die irgendjemand im Augarten verstreut.
So viel sei verraten: Es ist keine Überdosis Vitamine, die den Tieren das Licht ausknipst. Die Tierfreunde verdächtigen natürlich die Kinderfreunde. Ist schließlich schon öfter vorgekommen, dass so ein Hund einen kleinen Menschen etwas zu heftig begrüßt.
Der Hundebesitzer Schmalzl engagiert dann den Brenner, weil ihm die Polizei zu gemütlich ist. Dabei ist der Privatdetektiv Brenner auch nicht gerade ein jung-dynamischer Turbo-Ermittler.
Bis er nämlich auf der richtigen Spur ist, bringen die Hunde noch die Menschen um.
Und dann die Menschen die Menschen...
Jetzt hat er schon wieder einen Krimi geschrieben.
Was heißt "schon wieder"?
Über zwei Jahre hat er uns warten lassen. Der Wolf Haas. Dabei weiß er doch genau: ein Jahr ohne Brenner - praktisch nix zu lachen.
Vielleicht ist er ja selber ins Grübeln gekommen. Wie der Detektiv mit seinem ständigen Kopfweh. Beim Spaziergang im Augarten kann einem schon mal die Dings ein bisschen verrücken. Und dann beobachtest du nicht mehr deinen Detektiv bei der Arbeit. Oder beim Grübeln. Sondern du steigst selber auf wie ein Ballon oder irgendein unbekanntes Flugobjekt.
Das will ich jetzt gar nicht genauer beschreiben. Weil das macht der Haas viel besser. Der Erzähler also ein bisschen melancholisch. Der Brenner sowieso. Aber das liegt vielleicht auch an Wien. Und wenn du nicht gerade in einem Rettungsauto sitzt, das mit 120 durch die Fußgängerzone rauscht, dann bist du in dieser Stadt schnell einmal geneigt ein wenig abzudriften.
Aber interessant. Kaum ist er um eine Ecke gebogen, da zwickt er wieder nach den Wadeln, dass du glaubst, da ist jetzt der Kampfhund in ihm erwacht: "Wie hat diese Frau das geschafft, so viel älter zu wirken, als sie bei genauem Hinschauen war? Sie hat sich ja nicht Falten aufgemalt oder krank geschminkt, wie es die höheren Töchter heute gerne machen, wenn sie keine echte Bulimie zusammenbringen."
Am liebsten würde man jetzt das ganze Buch zitieren. Aber vielleicht angenehmer, die Geschichte im richtigen Buch zu lesen. Weil du das Buch in den Park mitnehmen kannst. Und Atmosphäre auch wichtig ist, frage nicht.
Aber bevor ich jetzt selbst in Grübeln komme, möchte ich jedem gratulieren, der diesen Haas liest. Diesen oder einen anderen Haas.
Weil, ganz einfach: Da kriegst du Lachen und Spannung auf einmal. Das gibt's sonst nirgends. Da kannst du weit fahren.
Mir jedenfalls ist noch kein Krimi über den Weg gelaufen, der origineller wäre als ein Haas.
Praktisch alles wie vom lieben Gott persönlich geschaffen: Sprache, Plot, Figuren. Alles. Da bete ich gerne einmal zur Heiligen Jungfrau oder zum Schutzpatron der Krimischreiber, dass dem Brenner auch beim nächsten Mal sein Antrag auf Frührente nicht genehmigt wird.
Kopfweh hin oder her.