Das Buch direkt bei Amazon bestellen Marieluise Ritter
Requiem für einen Macho

Fischer TB
ISBN 3-596-13526-5

Alice ist Orchestermusikerin und hochschwanger, als sie Besuch von der Kriminalpolizei erhält. Die beiden gehen einer Vermisstenmeldung nach. Alice weiß nur zu genau, dass der Vermisste nicht wieder auftauchen wird, aber sie ist auf diesen Besuch vorbeireitet und macht ihre Sache gut.
Die Natur kommt ihr zu Hilfe. Die verwirrten Beamten fahren sie sogar zur Entbindung in die Klinik.
Nach der Geburt ihrer Tochter hat Alice reichlich Muße, sich zu erinnern.
Sie hat vor knapp neun Monaten ihrem Freund Kostas, dem Vater ihres Kindes, den Laufpass gegeben. Dann hat sie sich in Robert verliebt. Dieser scharmante Airport-Angestellte entpuppte sich mit der Zeit als glattzüngiger Psychoterrorist.
Und Alice, obwohl sonst selbstsicher und maßvoll realistisch, hat sich von den Hormonausschüttungen der Schwangerschaft überwältigen lassen und viel zu lange von Harmonie geträumt.
nach einer schwere seelischen Krise, in der ihr gute Freundinnen beistehen, lernt sie Roberts verheimlichte (ebenfalls schwangere) Ehefrau kennen. Zusammen decken die beiden Frauen kriminelle Machenschaften ihres Doppellebemannes auf und bringen ihn in einer konzertierten Aktion zur Strecke.
Diese "Hinrichtung aus Notwehr" bleibt selbstverständlich ungesühnt: Ein perfekter Mord!

Rezension:
Ein fieser, frauenverachtender Filou, der so lange jene austrickst, die auf ihn hereinfallen, bis man (pardon: "frau") es ihm gründlich heimzahlt. Das Ganze gut abgemischt mit vergnüglichen Einblicken in den Alltag einer Musikschaffenden (Hera Lind lässt grüßen ...), sowie die Vorgänge rund um eine (oder besser noch: mehrere) Schwangerschaften, wie man (pardon: "frau") es immer wieder gerne liest, vor allem wenn man (s.o.) selbst schon in dieser zuweilen nur mäßig beneidenswerten Lage war - inklusive der Suche nach dem richtigen Geburtsvorbereitungskurs.
Er liest sich angenehm, dieser Roman, der in einer permanenten Rückblende die Geschichte aufdröselt, wie es letztendlich zum "Club der schwangeren Mörderinnen" kam, um den der Leser bereits seit dem ersten Kapitel weiß.
Wobei nicht ganz ersichtlich ist, warum die Autorin als Klammer die Einführung durch einen Schutzengel erledigen lässt. Aber er stört nicht und mittels diese Stilmittels erhält die geneigte Leserin ganz am Ende sogar noch einen Ausblick auf die weitere Entwicklung im Leben der beteiligten Personen.
Kurzweilig, schön schwarz, zuweilen ein wenig überfrachtet mit literarischen und musikalischen Anspielungen (allerdings für die Banausen unter den Lesern immer schön erklärt) und gegen Ende ungemein temporeich - so kommt er daher, der Krimi der Schauspielerin und Autorin Marieluise Ritter.
Einen leichten Hang zur komischen Dramatik (oder doch die dramatische Komik?) kann man der Gründerin des frankfurter figurentheaters allerdings nicht absprechen: da kommen plötzlich Schmuggel, Diebstahl, organisiertes Verbrechen und häusliche Gewalt ins Spiel, wo frau zunächst nur die gemeine Posse eines potentiellen Heiratsschwindlers wähnte.
Doch für alles gibt es eine logische Erklärung, eine elegante Herleitung, mit der die studierte Musikpädagogin und praktizierende Clownin (?) selbst die abenteuerlichsten Konstrukte plausibel erscheinen lässt.
Alles in allem ein Buch so recht nach Frauengeschmack.
Wer Ingrid Noll, Milena Moser oder Sabine Deitmer liebt, kommt hier voll auf seine Kosten.

Miss Sophie

***

Bei der Lektüre dieses Buches muss "frau" erschrecken, ob der Leichtigkeit, mit der sich eine eigentlich selbstbewusste, intelligente Frau in eine physisch/psychische Abhängigkeit zu einem Mann begibt. Jeder Außenstehende möchte diese Frau (in diesem Falle Alice, ihres Zeichens begnadete Musikerin) schütteln, überzeugen, ihr die Augen öffnen, damit sie endlich erkennt, dass sie nur ausgenutzt und betrogen wird. Die Autorin beschreibt diese Situation lebensnah und überzeugend.
Die Geschichte beleuchtet vor allem die Hintergründe, wie es letztendlich zum Ableben des Machos kam; der Mord an und für sich erscheint fast nebensächlich realtiv am Ende des Buches. Wobei es der Schilderung der Ausführung Tat und deren Vorbereitung nicht an Situationskomik fehlt.
Interessant neben der eigentlichen Handlung sind die Ausflüge in die Welt der klassischen Musik (mit ausreichenden Erklärungen für Laien).
Das Buch liest sich locker, aber eine richtige "Krimispannung" vermag dennoch nicht aufzukommen. Auch streut die Autorin zu viele kriminelle Machenschaften auf einmal in den Charakter des "Opfers" - er wird nicht nur als Heiratsschwindler entlarvt, sondern auch als Schmuggler, Hehler, Dieb und Mitglied des organisierten Verbrechens - ein wenig zu viel des "Schlechten".
Alles in allem in erster Linie ein eher seichter "Frauenroman" für Fans von Autorinnen wie Hera Lind, Ingrid Noll oder Eva Völler. Männer werden an diesem Buch eher wenig Lesevergnügen finden.

Leia