Das Buch direkt bei Amazon bestellen Waldtraut Lewin Miriam Margraf
Wolfsbande - Die Hexe

(5. Band)
Ravensburger gebunden
ISBN 3-473-34965-8
(Kinder ab 12)

Es ist kalter Winter und die Wolfsbande sucht Unterschlupf in einer Windmühle, deren Besitzer in großen Schwierigkeiten steckt: Seine Tochter wurde als Hexe bezichtigt und entführt - eine Racheaktion des hier im Dorf ansässigen Wassermüllers, der seinen Konkurrenten vertreiben will.
Es braucht nicht den um ein Haar "erfolgreichen" Feueranschlag auf die Mühe des Windmüllers, um die Wolfbande auf den Plan zu rufen.
Sie sind gegen jede Ungerechtigkeit und gegen den Hexenaberglauben sowieso.
Aber können sie das entführte Mädchen tatsächlich vor dem Scheiterhaufen retten?

Rezension:
In diesem - dem fünften - Band um Heinrich, den zu Unrecht des Mordes verdächtigten Ex-Klosterschüler und seine Bande, bildet der Geheimauftrag des Trios wenig mehr als einen Rahmen, der erklärt warum und wohin die Truppe unterwegs ist.
Was ein bisschen schade ist, denn Fans der Serie wäre wohl schon daran gelegen gewesen, zu erfahren, ob und wie Walther von der Vogelweide nach dem tragischen Tod seiner Frau seine Agententätigkeit fortsetzen wird.
Das ist aber auch das einzige Manko, das dieser spannende Jugendroman zu verzeichnen hat.
Wie schon in den Vorläuferbüchern treffen die jungen Leute auch hier jemanden in schrecklicher Not, dem es zu helfen gilt: Diesmal ist es Simon, der sich bei den Leuten aus dem Dorf schon mit dem Bau seiner Windmühle den Ruf eingehandelt hat, ein wenig sonderbar zu sein. Kein Wunder: War doch die Kunst, sich die Kraft des Windes statt der des Wassers zum Mahlen des Korns nutzbar zu machen, in vielen Teilen der Welt noch weitgehend unbekannt. Und das, was man nicht kennt, ist zunächst erst einmal suspekt - das ist (leider) noch heute so.
Simon ist kein wirklich sympathischer Zeitgenosse; schon vom Zeitpunkt an, als er von den drei Freunden lädiert und in seinen eigenen vier Wänden gebunden vorgefunden wird, quittiert er ihre Hilfe mit schroffen und unfreundlichen Bemerkungen. Das ändert sich auch im weiteren Verlauf der Handlung nicht - selbst als das Trio Leib und Leben riskiert, um ihn und vor allem seine Tochter zu retten.
Nach außerordentlich turbulenten Ereignissen - ausgelöst durch Missgunst, Aberglaube und die Tatsache, dass in jenen dunklen Tagen heilkundige Frauen zu gern als Hexen gebrandmarkt wurden, weil sie etwas von Kräutern verstanden und wussten, wie man sich die Natur bei der Bekämpfung von Krankheiten zunutze macht (und der örtliche Kirchenvertreter meist nicht) - geht natürlich doch wieder alles "gut" aus. Wobei dieser Begriff, angesichts der sehr radikalen endgültigen "Lösung" des Problems eine ziemlich bitteren Beigeschmack hat. Wohl ist Gerechtigkeit widerfahren, wenn man so will, aber um welchen Preis ...
Dieser Aspekt hebt im übrigen die Serie wohltuend von ähnlichen Büchern ab: In den Geschichten von Waldtraut Lewin und ihrer Tochter Miriam Margraf tummeln sich nicht nur sympathischen "Gutmenschen", sondern authentische Figuren, die ganz und gar nicht frei sind von Charakterschwächen. Und auch am Schluss gibt es kein "rosarotes" Happy End, sondern es bleiben Menschen zurück, deren Leben nie wieder so wie vorher sein wird.
Die atmosphärisch dichten Beschreibungen, bei denen der Leser nach kurzer Zeit das Gefühl hat, am eigenen Leib den eisigen Wind zu spüren, ebenso wie die Bedrohung durch die Wölfe im Unterholz, den beißenden Hunger und die abgrundtiefe Verzweiflung, wenn das Feuer unter der Last des Schnees erlischt, tragen wesentlich dazu bei, junge und ältere Geschichtsbegeisterte schnell in den Bann der Handlung zu schlagen.
Interessante Informationen zu den Sitten und Gebräuchen jener Zeit - wussten Sie etwa, dass der mittelalterliche Gaukler seltenst Schuhe trug, sondern viel eher lederne Strümpfe und sogenannte "Trippen", hölzerne Sohlen mit Schlaufen am Fuß befestigt? - ergänzen die spannende Geschichte um Liebe, Eifersucht, Neid und Uneinsichtigkeit.
Wer die Serie um die Wolfsbande bereits kennt, wird diesen Band - wie die anderen davor - verschlingen und ihn nicht aus den Händen legen mögen, bis auch die letzte Zeile gelesen ist.
Wer sie noch nicht kennt, findet sich aufgrund der kurzen Zusammenfassung am Anfang - eine Art "was bisher geschah", geschickt in den Text eingeflochten - schnell zurecht und wird keine Schwierigkeiten haben, die Protagonisten, mit all ihren Fehlern und Unvollkommenheiten, lieb zu gewinnen.
Und alle werden nach der Lektüre sehnsüchtig auf die Fortsetzung warten ...

Miss Sophie