Das Buch direkt bei Amazon bestellen Andrea Camilleri Christiane von Bechtolsheim
Die Nacht des einsamen Träumers

Original: Gli arancini di Montalbano
aus dem Italienischen von Christiane von Bechtolsheim
editionLübbe gebunden
ISBN 3-7857-1529-3

Ein Zwei-Personen-Stück mit einer Leiche, aufgeführt von einem alten Schauspieler-Ehepaar, beschäftigt Commissario Salvo Montalbano ebenso wie der Mord an einer anständigen Prostituierten und eine tüchtige Hausfrau mit ungeahnten kriminalistischen Fähigkeiten.
Große und kleine Verbrecher garantieren dem Commissario ein abwechslungsreiches Leben, denn seine Ermittlungen führen ihn nicht nur in jede Ecke seiner sizilianischen Heimat, sondern auch nach Rom, Genua und New York.
Seine Methoden sind außergewöhnlich: Einem Übeltäter kommt er durch einen Briefwechsel mit seiner fernen Verlobten Livia auf die Spur, einem weiteren durch ein Telefongespräch mit seinem Schöpfer Andrea Camilleri und einem dritten mit der eigenwilligen Hilfestellung seines erfrischend unintelligenten Kollegen Catarella.
Der Commissario trifft alte Freunde, macht neue Bekanntschaften und sammelt Erfahrungen fürs Leben, zum Beispiel, dass längst nicht alles, was nach Müll aussieht, auch Müll ist, oder wie gefährlich der Gebrauch eines Handys sein kann.
Und ist seine Laune einmal schwarz wie Tinte, gibt es ein todsicheres Rezept, dem Abhilfe zu schaffen: Zu Hause in Marinella hat seine Haushälterin Adelina mit Sicherheit einen "paradiesisch guten" Leckerbissen im Kühlschrank hinterlassen, den er in einer Stunde mitternächtlicher Einsamkeit auf der Terrasse seines Hauses mit Genuss verzehren kann.
Vorher muss er nur noch schnell einen kleinen Raub aufklären.

Rezension:
Er ist ein Charmeur und ein Schlitzohr - und seine Art und Weise, Frauen zu behandeln, lässt zuweilen SEHR zu wünschen übrig.
Seine Freunde stammen zuweilen aus den ersten besten Kreisen und gerne auch mal von der "anderen Seite des Gesetzes".
Seine Ermittlungsmethoden sind nicht immer subtil und manches Mal alles andere als legal.
Na ja und was seine Umgangsformen und seine Sprache anbetrifft ... , so zieht er die direkte Ausdrucksweise allemal jeder gestelzten Formulierung vor, wenn er nicht (natürlich nur im Notfall!) direkt die Fäuste sprechen lässt.
Kurzum: Dieser Commissario Montalbano ist kein tiefsinniger Schöngeist, sondern ein Sanguiniker, wie er im Buche steht.
Aber einer mit Ecken und Kanten, mit zuweilen melancholischen Zügen und mit einem großen Herzen unter der ruppigen Schale.
Und genau diese Fähigkeit mitzuleiden, die Augen nicht vor den Nöten seiner Mitmenschen zu verschließen, bewegt den eigenwilligen Polizisten, sich immer wieder einzumischen in Dinge, die ihn auf den ersten Blick gar nichts angehen oder nicht lockerzulassen, wo seine Kollegen eine Angelegenheit schon längst abgehakt haben.
Aber nicht nur seinen Protagonisten erweckt Autor Camilleri auf unnachahmliche Weise zum Leben - auch die Nebenfiguren sind so plastisch, dass der Leser sich am liebsten mit ihnen auf einen "café" in einer Bar treffen möchte. Doch Achtung: Manche ihrer Schicksale sind so anrührend, dass der Kloß im Hals förmlich inbegriffen ist. Bei anderen Begebenheiten wieder muss sich der Fan - gerade wenn er seine Lektüre in der Öffentlichkeit genießt - vorsehen, dass aus seinem Schmunzeln nicht lautes Lachen wird.
Sie sind spannend, zu Herzen gehend, amüsant und wunderbar abwechslungsreich, diese im vorliegenden Kurzgeschichtenband enthaltenen zwanzig Erzählungen. Den Camilleri-Süchtigen bieten sie ein Wiedersehen mit all den lieb gewordenen Figuren aus der Serie um Commissario Montalbano. Allen Neueinsteigern hingegen eröffnet sich die Chance, das sizilianische Unikat kennen- und zweifelsohne umgehend schätzen zu lernen.

Miss Sophie