Das Buch direkt bei Amazon bestellen Henning Mankell
Mörder ohne Gesicht

Original: Mördare utan ansikte
Zsolnay gebunden
ISBN 3-552-05160-0

Ein altes Bauernpaar ist auf seinem Hof in der Nähe von Ystad ermordet worden. Nicht nur das Motiv der Tat liegt völlig im dunkeln, vor allem deren furchtbare Brutalität irritiert die ermittelnden Polizisten um Kurt Wallander.
Und dann hatte die alte Bäuerin, kurz bevor sie im Krankenhaus starb, den Beamten einen letzten seltsamen Hinweis gegeben.

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Rezension:
Kurt Wallander ist der Held des mittleren Dienstes - höchst organisiert in seinem Büro-Alltag als Polizist in Ystad: er gibt der Verwaltung den Papierkram, den sie von ihm erwartet - Pressemitteilungen,. Berichte und Protokolle - und findet sich damit ab, dass ihm andere den gleichen Papierkram auf seinen Schreibtisch schaufeln.
Tief in seinem Inneren ist er wahrscheinlich ein Zwangsneurotiker, genau wie sein Vater, der seit Jahrzehnten das gleiche Bild malt, und in dessen geistigen und körperlichen Verfall er immer wieder den eigenen Niedergang vorausahnt.
Der Mord an einem alten Bauernpaar scheint genau der richtige Fall für einen wie Wallander zu sein: eine Routinegeschichte, mit dem üblichem Maß an Geheimnis und der durchschnittlichen Dosis an Laborberichten, Obduktionsbefunden und Verhörprotokollen - Papierkram eben.
Wären da nicht die letzten Worte der sterbenden Bäuerin, die die Täter "Ausländer" nennt. Das ist politischer wie gesellschaftlicher Zündstoff und wird von Wallander und seinen Vorgesetzten reflexhaft diskret behandelt - was sich prompt als fatal erweist.
Denn natürlich sickert etwas an die Presse durch und schon werden Asylbewerber bedroht, ein Afrikaner wird erschossen und die üblichen rechten Radikal-Schwadroneure geraten in Verdacht.
Zu Recht - einerseits.
Andererseits aber auch zu Unrecht, weil selbst Wallander schließlich nicht mehr darüber hinwegsehen kann, dass der Mord an dem Bauernpaar vielleicht doch nur ganz profane familiäre Motive gehabt haben könnte.
Ein anderer Kriminalschriftsteller würde daraus ein passables Schlusskapitel stricken und alle wären halbwegs zufrieden.
Mankell jedoch versucht das Blatt in einer gewaltsamen dramaturgischen Volte noch einmal zum realistischen Gegenwartsroman zu wenden und verprellt sich damit zumindest alle, die einen ganz normalen ordentlichen Schwedenkrimi erwarten.

Reinhard Jahn