Das Buch direkt bei Amazon bestellen Gabriella Wollenhaupt
Grappa und die acht Todsünden

(13. Band)
grafit TB
ISBN 3-89425-267-7

Wer hat die sieben Menschen getötet, die in einer exklusiven Bierstädter Villa gefunden werden? - Sieben Männer und Frauen, die sich an diesem Abend auf Einladung eines Unbekannten zum ersten Mal trafen. Unter den Toten ein Reporter, ein katholischer Priester, eine Rentnerin und der Vorsitzende Richter einer Wirtschaftsstrafkammer.
Maria Grappa, neugierige Reporterin des Bierstädter Tageblattes, ist früh am Tatort und sieht eine grandiose Inszenierung des Todes: Alle in Schwarz gekleidet, der Tod traf die Opfer fast gleichzeitig bei einem exquisiten Abendessen. Jedem einzelnen Toten ordnet der Mörder Abbildungen des mittelalterlichen Malers Hieronymus Bosch zu, die die sieben Todsünden darstellen: Hochmut, Neid, Zorn, Trägheit, Geiz, Völlerei und Wollust - verbunden mit Texten, die auf Verfehlungen der Toten anspielen.
Grappa versucht den Sinn der verschlüsselten Texte zu ergründen und stellt fest, dass es eine achte Todsünde geben muss, die in der katholischen Glaubenslehre nicht vorgesehen ist.
Der geheimnisvolle Mörder macht ihr klar, dass sie selbst diese achte Todsünde begangen hat: die Sünde der Hartherzigkeit - crudelitas.
Langsam und widerstrebend beginnt Grappa zu begreifen und weiß, dass sie die Lösung des Falles nur in ihrer eigenen Vergangenheit findet.

Rezension:
Grappa-Krimis sind Krimis ohne die Last des Alltags.
Der Tod ist dazu da, eine aktionsreiche witzige Geschichte mit der lebenssprühenden Journalistin Maria Grappa zu ermöglichen. Was täte sie also ohne? Blühendes Leben trifft meuchelnden Tod.
Ach, das hätte jetzt auch eine Schlagzeile von Grappa gewesen sein können. Es ist nämlich schon wieder soweit: Der Tod geht um in Bierstadt. Diesmal schlägt die geballte tödliche Kraft gleich siebenmal zu.
Und schon ist Grappa mittendrin in der Geschichte. Und auch diesmal wird's persönlich. Sie ist nicht nur dokumentierende und kommentierende Journalistin, sie ist mit noch mehr Engagement und Verve Rechercheurin, Detektivin und sowieso viel erfolgreicher als die örtliche Polizei.
Das weiß auch der Mörder und so werden Hinweise auf Tat und Tatmotiv Grappa freihaus geliefert. Die stets gestresste aber die Tücken des Alltags mit viel Mutterwitz, unermüdlichem Tatendrang und einer guten Portion Glück meisternde nicht mehr ganz jugendliche Journalistin hat es diesmal mit der Religion zu tun.
Mit Pastoren, Sünde und Vergebung, lateinischen Bibelzitaten, sprechenden Katern und verliebten türkischen Nachbarn. Eine bemerkenswerte Mischung, die verbunden durch eine lockere Sprache zu einer kurzweiligen Lektüre für die kleine Erholung zwischendurch wird.

Iris Groschek

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Das Problem an der Sache ist, dass wir eigentlich seit David Finchers SIEBEN ein Raster für "Sieben Todsünden"-Geschichten im Kopf haben. Das Raster sagt, dass eine Todsünden-Story von brutal hingemetzelten Menschen handelt, die ein irrer Täter in Analogie zu den biblischen Verfehlungen inszeniert oder bestraft. Eine storyline, die so einfach und bestechend ist, dass sie sich nicht schlechter wird, wenn man sie - in welcher Variation auch immer - noch einmal verwendet und noch einmal und noch einmal. Es kommt nur darauf an, was man daraus macht.
Für Gabriella Wollenhaupts Serienheldin Maria Grappa ist diese Geschichte von dem tödlichen Dinner, zu dem ein irrer Mörder (siehe oben) sieben Personen eingeladen hat, um sie alle auf einmal umzubringen, leider nur eine Episode in ihrem Serienleben - weshalb von vornherein hundertprozentig sicher ist, dass sie den Fall lösen wird, ohne größeren Schaden zu nehmen (ganz im Gegensatz zu den Detektiven in Finchers SIEBEN-Film).
Entsprechend gelassen und professionell reagiert Grappa Superwoman denn auch, als der irre Mörder (wiederum siehe oben) anfängt, ihr die Fotos der Opfer mit wirren Psalmen über Todsünden zuzuschicken (siehe oben).
Für Batgirl Maria Grappa ist das nur der Ruf zu einem neuen Serieneinsatz, nicht mehr. Keine Frage nach der Verderbtheit der heutigen Welt, keine Frage nach dem Sinn ihres eigenen Lebens - höchstens ein bisschen Helen Fielding-Gemurmel über guten und schlechten Sex.
Grappa, die clevere Top-Lady beim Bierstädter Tageblatt tut nicht mehr, als sie in mehr als zehn Romanen vorher getan hatte (und wahrscheinlich bis auf weitere zweimal pro Jahr weiter tun wird): sie recherchiert clever herum, eine Spur führt zur nächsten und alle zusammen schnell zu der Vermutung, dass das Massaker mit einem 20 Jahre alten Familiendrama zusammenhängt.
Das ist alles recht geschickt zusammengefügt und wir teilen schon bald mit Maria Supergirl Grappa den Verdacht, dass da bestimmt jemand aus ihrer Umgebung derjenige ist, welcher...
Doch wer? Vom angestammten Serienpersonal doch wohl keiner, was den Kreis schon ziemlich einengt. Bleiben noch die Girlie-Praktikantin, die Grappa auf die Nerven geht, ihr Onkel, in den sich Grappa verguckt und der neue Nachbar, der sich ganz klar in sie verguckt.
Spätestens an dieser Stelle wird die Aufklärung der Geschichte zur reinen Routine - wir besuchen alte Pfarrer in Altersheimen, stöbern alte Fotos auf und denken uns das eine oder andere, und genau da kommt es dann auch: erst das eine und dann das andere. Aber zum Glück gibt es da noch eine Geschichte, die ganz authentisch und lebensnah rüberkommt - die Geschichte über die Beziehungsprobleme geschlechtsreifer Top-Journalistinnen.
Da muss schon mal ein geklauter Kater als Partner für Selbsterkenntnisdialoge herhalten oder der prollige Fotografen-Kollege als Sparrings-Partner für starke Dialoge. Das sind die Momente, in denen der Roman umkippt - zum Glück. Denn Grappas Männergeschichten sind in ihrer Alltäglichkeit wesentlich interessanter als das - seien wir ehrlich - an den Haaren herbeigezogene Mordkomplott.

Reinhard Jahn