Das Buch direkt bei Amazon bestellen Alexandra von Grote
Die Stille im 6. Stock

(4. Band)
Fischer TB
ISBN 3-596-15705-6

Tag des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft.
Eine Geiselnahme auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Nîmes. Sechs Schwerstkranke und vier Pfleger und Ärzte.
Ein Täter dessen Identität und Motive im Dunkeln liegen. Was er fordert ist ebenso ungeheuerlich wie neu.
Die ersten Geiseln werden ermordet.
Als es Kommissarin Florenze Labelle gelingt, auf die Station vorzudringen beginnt ein Kampf auf Leben und Tod.

Rezension:
Sie dachten bisher, in Punkto Spannung wäre es nicht zu toppen, wenn im OP des "Emergency Room" Dr. Carter hektisch nach "Mehr Supra!" verlangt?
Vergessen Sie es!
Denn das, was Alexandra von Grote hier serviert, ist als Kombination aus Arztserie-mit-Human-Touch und packendem Geiseldrama ein Pageturner erster Güte.
Allerdings einer von der leisen Sorte, bei dem zur Abwechslung einmal nicht die Special Effects des Sondereinsatzkommandos oder die heldenmütigen Ausfälle eines durch die Ausnahmesituation über sich selbst hinauswachsenden Protagonisten im Vordergrund stehen.
Denn in diesem Roman gibt es keine "Supermänner" oder "Superfrauen", sondern "nur" eine Reihe von Menschen, die an einer fürchterlichen Situation wie sie die Begegnung mit einem zu allem entschlossenen, bewaffneten Psychopathen ist, fast zerbrechen - wenn sie nicht direkt liquidiert werden oder aus anderen Gründen ihr Leben lassen müssen ...
Dabei spielt die Tatsache, dass die Wahlberlinerin von Grote, die aber auch viel Zeit in ihrer zweiten Heimat Frankreich verbringt, die Handlung ihrer Romane in eben diesem Land ansiedelt, eher eine untergeordnete Rolle. Was Regisseurin Grote aber definitiv auch im vierten Abenteuer ihrer Serienheldin Florence Labelle nicht verleugnen kann, ist ihre Affinität zu ebenso einfachen wie ausdrucksvollen Bildern. Fast meint man da, die Roman-Verfilmung schon vor sich zu sehen. Alle Charaktere sind so sorgfältig ausgearbeitet, dass sie schon nach wenigen Zeilen ein Gesicht, eine Persönlichkeit bekommen.
Die Tatsache, dass es enge Verflechtungen zwischen einem Mitglied der Ermittlungsbehörden und einer der Geiseln gibt, verleiht dem Ganzen zusätzliche Dramatik. Ein außerordentlich spannungsträchtiges Element schließlich ist auch der Konflikt zwischen dem französischen SEK-Chef und der homosexuellen Kommissarin deutscher Herkunft, die jedoch als Leiterin der ganzen Operation das letzte Wort hat.
Vielleicht könnte man die schiere Zahl der Nebenfiguren und -handlungen kritisieren, die zunächst keinen unmittelbaren Bezug zur Geschichte an sich zu haben scheinen. Durchaus denkbar ist jedoch auch, dass die Autorin hier bereits einen Grundstock legt für Geschehnisse der - hoffentlich bald erscheinenden - Folgebände.
Die sicherlich bei all jenen auf dem Wunschzettel stehen werden, die sich für packende Psycho-Krimis mit Tiefgang und ohne Happy End begeistern.

Miss Sophie