Das Buch direkt bei Amazon bestellen Krystyna Kuhn
Die vierte Tochter

A-Crime TB
ISBN 3-923914-60-1

Während der Premiere des Frankenstein-Musicals fällt ein Bauunternehmer, der von einem vergifteten Pfeil getroffen wurde, vom Theaterbalkon.
Mit ihm der Intendant des Augsburger Theaters.
Beide sterben.
Auf wen hatte es der hinterhältige Mörder wirklich abgesehen?
Klaus Kessler und Helle ermitteln im Strudel aus Leidenschaft, Hass und Erotik vor und hinter den Kulissen des Theaters. Rezension:
Es ist kein leichtes Ding, einem gelungenen Erstling einen zweiten Roman nachzuschieben, ohne in die "Wiederholungsfalle" zu tappen. Krystyna Kuhn ist dieses Kunststück gelungen. Fesselnd und faszinierend wie "Fische können schweigen", dabei aber mit komplett anderer Besetzung (lediglich Ron, der Kommissar, stellt eine Verbindung zum vorherigen Buch her, nimmt aber hier eine weit weniger prominente Rolle ein), schickt Kuhn eine weitere sympathische Ich-Erzählerin ins Rennen.
Diese Franka ist als Grabforscherin für ihre Leser zwar beruflich eher eine Exotin, privat jedoch bietet sie diverse Anknüpfungspunkte an das Dasein vieler junger Frauen: Sie lebt (in der eigenen Wohnung zwar) im Haus ihrer Eltern, hat sich gerade von ihrem Freund getrennt, der sich beruflich gerne (ohne sie) verwirklichen will, indem er im Kosovo Kriegsgräber aushebt und im Mittelpunkt der Gespräche (und Unternehmungen) mit ihrer besten Freundin stehen - ganz Generation Ally und "Sex in the City" - natürlich die Männer.
Genau in diesem Stil - leicht, locker, witzig und interessant - entwickelt sich auch der erste Teil des Romans. In dem sich Franka und ihre beste Freundin in einen rätselhaften Leichenfund verbeißen, da die Protagonistin eben diese tote Frau, zwar kurz, aber doch zu Lebzeiten erlebt hatte und nun mehr wissen will über die Verbindungen die es da zu ihrer eigenen Familie gab.
Und im Verlauf der Ermittlungen der beiden Hobbydetektivinnen kommt Erstaunliches, aber auch für den Leser viel Wissenswertes heraus. So erfahren wir, dass der männliche Schädel plumper ist, als der weibliche (dem Neandertaler ähnlicher), weil Kiefer, Augenhöhlen und Augenbrauer stärker ausgeprägt sind. Und wir lernen, dass man wichtige Beweisstücke besser nicht in einer Jeans deponiert, bevor diese dann bei 40° mit Megaperls porentief gereinigt wird …
Verschiedene Frauengestalten bevölkern den Roman - die Tote, mit ihrer ganz persönlichen (Wahn-?) Vorstellung, Theresa, Frankas beste Freundin, eine hilfreiche Polizistin, eine junge Bibliothekarin … Sie alle scheuen genau wie die Heldin keine Anstrengungen und Risiken - egal, ob es darum geht, bei Nacht und Nebel in eine abgesperrtes Baustellengelände einzudringen, sich mit vollem Körpereinsatz "umzuhören" oder heimlich den Computer auf der eigenen Arbeitsstelle anzuzapfen. Doch dann, nach gut 160 Seiten, der Knaller: Das was sich dann ereignet trifft nicht nur die zentrale Figur bis ins Mark, auch der Leser bleibt tief betroffen zurück - wie immer, wenn ein Autor mit schnellem Federstreich liebgewordenen Charakteren ein schlimmes Schicksal beschert.
Die Stimmung kippt - und auch der Stil. Alles leichte und lockere wird ersetzt durch Spannung pur, wütende Entschlossenheit, Action. Doch das schadet dem Roman in keiner Weise - gewinnt er doch auf diese Art mehr Tiefe und mehr Schärfe, als es der "übliche" Frauenkrimi besitzt.
Was notwendigerweise zum Fazit führt: Der erste war gut, Kuhns zweiter ist noch besser!

Miss Sophie

***

Kein leichter Fall für die Knochensammlerin Franka: als Grabforscherin auf den Tod abonniert bekommt sie es schlagartig mit einer Überdosis Leben zu tun. Die Handwerker im Haus, im Herz den Schmerz über den verlorenen Lover und vor der Tür eine etwas schräge Frau, die unbedingt die Urenkelin von Sissi sein möchte. Oder vielleicht auch ist - so genau weiß das auch am Ende der Geschichte niemand.
Franka, korrekt Dr. Franka Friedland, Wissenschaftlerin am Anthropologischen Institut in Frankfurt, kriegt das natürlich alles in den Griff - mehr oder weniger, locker und leicht, und mit einer Portion Ironie in ihrer Erzählung, von der man sich manchmal wünscht, dass sie nicht so knapp dosiert wäre.

Reinhard Jahn