Das Buch direkt bei Amazon bestellen Arne Dahl Wolfgang Butt
Böses Blut

Original: Ont Blod
(2. Band)
Deutsch von Wolfgang Butt
Piper TB
ISBN 3-492-24285-5

Niemand wird deine Schreie hören. So lautet die Drohung. Und als der Schmerz seinen letzten Gedanken auslöscht, ist er ganz allein: Ein schwedischer Literaturkritiker wird in New York auf grauenvolle Weise hingerichtet. Der Täter zerfetzt seinen Opfern die Stimmbänder, bevor er sie gnadenlos hinrichtet - und alles deutet auf einen Serienkiller hin.
Paul Hjelm und seine Kollegen sind ratlos. Wer benutzt eine Foltermethode, die zuletzt im Vietnamkrieg angewandt worden ist? Die Untersuchungen führen Hjelm und seine clevere Kollegin Kerstin Holm nach Amerika, denn dort wurde sie entwickelt – 15 Jahre zuvor, von Wayne Jennings, einem Ex-CIA-Agenten. Aber der ist angeblich vor Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen ...
Hjelm und seine Kollegin reisen nach New York, um die Hintergründe des alten Falls aufzurollen. Aber die Zeit drängt, denn bald geschehen in Stockholm zwei weitere Morde - und Hjelm und seine Kollegen entwickeln eine aberwitzige Theorie …

Rezension:
Der Einstieg: Das massiv grausame Szenario einer Verstümmelung, bei dem in erster Linie die Gefühle des Opfers den Leser umgehend in den Sog des Geschehens ziehen.
Dann ein Wiedersehen mit den Protagonisten des ersten, viel gelobten Bandes der Serie um eine höchst ungewöhnliche Gruppe von Polizisten. Manche von ihnen haben sich geändert (so hat sich Viggo Norlander vom peniblen Paragraphenreiter in einen Lederklamotten tragenden Badboy mit Waschbrettbauch verwandelt). Persönliche Beziehungen der ermittelnden Beamten in der Vergangenheit verkomplizieren den Alltag der Gegenwart.
Da hilft es nichts, dass das tote Opfer kein wirklich netter Mann war - die Sache an sich ist scheußlich genug und wird im Verlauf der Handlung auch nicht besser.
Und doch gelingt es Dahl, dem ganzen eine humoristische Note zu verpassen - etwa während der komischen (und erfolglosen) Verfolgungsjagd am Flughafen bei der Ankunft des mutmaßlichen Serienmörders.
Dann mehren sich die Opfer, auf allen Ebenen flackern Vater-Sohn-Konflikte auf, die Probleme werden immer vielschichtiger. Immer wieder (und stärker noch als im ersten Band) finden sich gesellschaftspolitische Betrachtungen zur Position Schwedens in der Geschichte und im internationalen Staatenverbund. Der Autor macht klar, dass die Ereignisse sich nur im "kleinen Bauernland am Polarkreis" abspielen können, da wo das Kapital den Lauf der Dinge bestimmt und die Bevölkerung Mittel zum Zweck wird; dazu degradiert zu konsumieren und die Staatsschulden zu tilgen.
Auf der anderen Seite werden die USA als Polizeistaat dargestellt, in dem Sicherheit und Rückgang der Verbrechensquote um den Preis einer totalitären Beamtenmacht erreicht wurden, während man Vorbeugungsmaßnahmen und Resozialisierung auf ein Minimum heruntergefahren hat.
Internationale Verwicklungen bis in den Nahen Osten und in die höchsten politischen Kreise sind nur ein Aspekt einer Geschichte, in der viele Dinge nicht so sind wie sie scheinen - manche davon einfach anders, die meisten jedoch schlimmer, viel schlimmer … Die Protagonisten werden benutzt - ein ums andere Mal - während der Leser atemlos jedem Schritt der Handlung folgt.
Das Ende ist bitter - und doch (zum Glück) zumindest auf privater Ebene ein wenig versöhnlich; trotz all dem Schrecken und den unvorstellbaren Scheußlichkeiten, der Übermacht des Systems oder von nicht näher bestimmten schrecklichen Kräften, bleibt die kleine hoffnungsvolle Note zum Schluss.
Mehr davon, bitte!

Miss Sophie