Das Buch direkt bei Amazon bestellen Nicole Drawer
Allein mit deinem Mörder

Knaur TB
ISBN 3-426-62322-6

Ein Serienkiller geht um. Seine Opfer: attraktive, junge Frauen.
Alarmstufe Rot bei der Hamburger SOKO, denn es gibt keine Zeugen, keine Beweise und kein Motiv für die Morde.
Erst als Psychologin Johanna Jensen zu den Ermittlungen hinzugezogen wird, gibt es eine heiße Spur - bis ein Kollege spurlos verschwindet und ein makabres Lebenszeichen das Schlimmste befürchten lässt ...

Rezension:
Kein wirklich guter Einstieg für eine Frau, die eigentlich auf dem Weg nach oben ist:
Am frühen Sonntagmorgen nach einer Nacht mit wenig Schlaf und einem Zorn auf den Lover, der wohl gerade im Bett einer anderen weilt, Hals über Kopf zu einer Pressekonferenz verdonnert zu werden - noch dazu, wenn es um einen Fall geht, mit dem die Heldin bis zu diesem Zeitpunkt genau gar nichts zu tun hatte.
Und wenn dann zu allem Überfluss die Äußerungen "allgemeiner Art", um die sie vom Chef gebeten wurde, bei eben diesem ob ihres Tenors ("auch Killer haben eine Seele und manche wurden als Kind gar missbraucht") überhaupt keinen Anklang finden, dann ist wirklich ein Arbeitsklima geschaffen, wie man es sich wünscht.
Was andererseits jedoch die Figuren auch ausgesprochen authentisch macht: die in beruflicher Hinsicht so zielstrebige Johanna, die sich aber auf der persönlichen Ebene so gar nicht abgrenzen kann und hier zum langmütigen Opfer schikanösen Verhaltens wird - und zwar von allen Seiten. Da ist der arrogante Chef, der sie ständig abkanzelt und auflaufen lässt. Nicht besser ist ihr Freund Stefan, der eingebildete Anwalt für Patentrecht, der den Beruf der Frau, die er eigentlich heiraten will, überflüssig findet und sich nur abfällig über ihre Tätigkeit äußert. Und ganz besonders gemein ist Johannas eigene Mutter, die ständig die Kompetenz ihrer Tochter in Frage stellt und sie am liebsten als Heimchen am Herd sähe.
Dieses problematische Verhältnis der Protagonistin mit den raspelkurzen Haaren zu denen, die ihr eigentlich am nächsten stehen sollten, gibt dem Roman eine zusätzliche Dimension und sorgt dafür, dass sich vor allem die weibliche Leserschaft sehr intensiv mit der Heldin auseinandersetzt. Entweder weil viele Frauen ähnliche Verhaltensmuster aus dem eigenen Leben kennen oder weil sie sich im Gegenteil wünschen, die Romanfigur möge endlich einmal auf den Tisch hauen und all jenen, die sie klein machen, zeigen, wo der Hammer hängt.
Und dann ist da natürlich noch der Fall jener vier Toten, die so gar nichts zu verbinden scheint, in dessen Analyse sich Johanna verbeißt, während der Leser relativ früh durch die kursiv gedruckten Einlassungen des Täters erfährt, dass es die Psychologin selbst ist, die im Zentrum seines Interesses steht.
Die Spannung steigt, die Sache wird im Verlauf persönlich - sehr persönlich! - und es kommt der Punkt, an dem der Leser das Buch nicht mehr aus den Händen legen kann.
Zumal immer dann, wenn es besonders dramatisch wird, ein Perspektivenwechsel erfolgt: Dabei wird, neben den Gedanken des Mörders und der Heldin, auch der Blick aufs Geschehen aus der Sicht des Leiters der Mordkommission in den Mittelpunkt gestellt, jenes gut aussehenden, fordernden, mit Vorurteilen belasteten Mannes mit der kaputten Vergangenheit und den zuweilen doch so unerwartet sensiblen Taten.
Eine sich vorsichtig anbahnende Liebesgeschichte lockert die temporeiche Handlung an den richtigen Stellen auf und macht Lust auf weitere Bände mit dieser überzeugenden Protagonistin samt ihren starken Nebenfiguren.

Miss Sophie