Das Buch direkt bei Amazon bestellen Wolfgang Kaes
Todfreunde

rororo TB
ISBN 3-499-23515-3

In den achtziger Jahren werden in Deutschland Bluterkranke mit HIV-verseuchten Präparaten infiziert und so dem sicheren Tod geweiht. Ärzte, Pharmakonzerne und Politiker formieren sich zu einer Gemeinschaft der Vertuscher.
Dr. Julius Weinert, Abgeordneter und Mitglied des Untersuchungsausschusses, unterschlägt Beweismaterial, so dass es nie zu einem Prozess gegen die Schuldigen kommt.
Kriminalhauptkommissar Jo Morian versucht gegen Weinert zu ermitteln, doch er stößt gegen eine Mauer des Schweigens.
Jetzt, nach zwanzig Jahren, wird der allseits hoch geachtete Weinert mit durchschnittener Kehle aufgefunden. Morian soll den Mord aufklären. Als Hauptverdächtiger gilt Weinerts verschwundener Adoptivsohn.
Doch Morian weiß, dass dieser Täter sehr vielen Leuten ins Konzept passen würde. Also verfolgt er seine eigenen Spuren und gerät immer tiefer in eine Falle, aus der es kein Entrinnen gibt.

Rezension:
Der Roman beginnt 1976 mit einem Prolog in Guatemala. Wir erleben, wie der fünfzehnjährige Ricardo zum Mörder wird. Auftraggeber ist der Don, der uns später unter anderem Namen wieder begegnet.
Später, das ist das Rheinland von heute. Zwischen Bonn, Köln und der Eifel, welche der Leser als herrliche Gegend in den Kopf gemalt bekommt, treibt nämlich dieser Erzschurke sein Spiel in den allerhöchsten Kreisen weiter. Und nicht nur das, er hat seine Geschäfte in einem Netz von Politik, Wirtschaft und Korruption in ungeahnte Höhen getrieben.
Dieser Thriller, das Romandebüt von Wolfgang Kaes, ist nicht nur eine Fleißarbeit, nicht nur spannend, sondern besticht durch seine brutalen Realitätsanteile, die der Autor, ein erfahrener Journalist, hier ausbreitet.
Die eigentliche Handlung beginnt in der Villa des pensionierten Politikers Weinert, der mit einem Brieföffner in seinem Rücken aufgefunden wird. Kriminalhauptkommissar Jo Morian ermittelt und merkt schnell, dass hinter dem Mord etwas anderes steckt, als eine einfache Beziehungstat. Weinerts Adoptivsohn Alexander, auf den sofort der Verdacht fällt, ist nämlich das ideale Opfer für einen Justizirrtum, da er kurz nach der Tat die Villa blutüberströmt verließ.
Hinter dieser Einzeltat, das wird Morian klar, liegt ein ganzer Leichenberg ungesühnter Verbrechen ganz anderen Kallibers verborgen. Angefangen von politischer Korruption und AIDS-Skandal, über den sexuellen Missbrauch von Kindern, bis hin zum brutalen Mord, reicht die Palette der Ereignisse in Gegenwart und Zukunft.
Zusammen mit Max Maifeld, einem ehemaligen Journalisten, und einer ganzen Reihe von Helfern, beginnt Jo Morian die Täter zu jagen. Oft finden sie keine Unterstützung, ja werden selbst zu Gejagten. Dann wird Morian vom Fall entbunden, aber er und seine tapferen Mitstreiter ermitteln weiter.
Um das Netz des Verbrechens in seiner ganzen Bandbreite auszufalten, verwendet Wolfgang Kaes häufige Perspektivwechsel, was die Identifikation mit den Charakteren erschwert und immer die Gefahr der Verwirrung des Lesers bedeuten kann. Auch die häufige Verwendung von Rückblenden birgt diese Gefahr.
An dieser Stelle zeigt sich aber die eigentliche Leistung des Autors, denn sowohl die Rückblenden, als auch die Perspektivwechsel, zeigen enormes handwerkliches Können. Die kunstvolle Zusammenstellung der einzelnen Handlungsstränge in Gegenwart und Zukunft vermittelt das weite und dichte Netz des Verbrechens, gibt dem Roman eine gewisse Tiefe, ohne dass es zu irgendeinem Zeitpunkt langweilig wird. Hier liegt ein ordentlicher Thriller in epischer Breite vor, der begeistert. Einzig seine Realitätsnähe und sein ernüchternder Schluss lassen eine gewisse Beklommenheit zurück.

Frank Kaufmann