Das Buch direkt bei Amazon bestellen Arne Dahl Wolfgang Butt
Falsche Opfer

Original: Upp till toppen av berget
(3. Band)
Deutsch von Wolfgang Butt
Piper TB
ISBN 3-492-27068-9

Per Karlsson hat nichts gesehen. Nicht einmal den brutalen Mord an dem jungen Mann, der am Tisch neben ihm erschlagen wurde. Karlsson gibt vor, in Ovids »Metamorphosen« versunken gewesen zu sein.
Kurz darauf ereignet sich auf einem Industriegelände unweit des Tatorts eine blutige Auseinandersetzung: Zwei verfeindete Banden wollen einen Aktenkoffer an sich bringen, der den Schlüssel zu einem Banksafe enthält.
Als die Polizei eintrifft, fehlt von dem Koffer jedoch jede Spur. Die Stockholmer Sondereinheit um Paul Hjelm jagt zwei Verdächtige: Sonja, die Tochter eines der Bandenführer – und Per Karlsson.

Dieser Roman erhielt den Deutschen Krimi-Preis 2005 (2. Platz – Kategorie „international“).

Rezension:
Gehen Tuckerpistolen nicht mit Starkstrom?“ fragt sich der Polizeibeamte, der außerhalb der Dienstzeit und relativ unbesorgt eine jugendliche Bankräuberin stoppen will. „Manche gehen auch mit Ahlen“ lernt er in Form von 34 Heftklammern, die sich gleichmäßig über sein Gesicht verteilen …
Unerwartet und nicht wirklich schmerzfrei kommt also die Erfahrung – und das ist auch der Tenor des dritten Bandes um Paul Hjelm von der Stockholmer Polizei.
Ein Mann mit dem der Leser schon so manches mitgemacht hat: Die Trennung und Versöhnung von und mit seiner Frau, einen Einsatz der ihn bis in die USA führte, die schwierige Beziehung zu seiner Kollegin Kerstin Holm – und natürlich seine Tätigkeit in der Abteilung für Schwerverbrechen.
Bei der er es zunächst „nur“ mit einem Toten nach einer Kneipenschlägerei zu tun hat. Dass einer der Zeugen Ovid liest und die vernehmenden Beamten auch noch wissen, wovon der Mann, wenn er seine Lektüre zitiert, spricht – das allein schon verlieht dem Roman einen gewissen Reiz.
Doch auch in Punkto Action kommt der Leser nicht zu kurz. Bei ihm, wie bei Hjelm lassen die Explosion vor einem Hochsicherheitsgefängnis und die nachfolgenden Ereignisse, die sehr nach einem Bandenkrieg aussehen, den Adrenalinspiegel rapide ansteigen.
Auch wenn sich die A-Gruppe aufgelöst hat, manche in anderen Abteilungen gelandet, andere ganz von der Bildfläche verschwunden sind, so geht es doch auch diesmal ganz ganz schnell bis der Sog der Geschichte den Leser so gefangen nimmt, dass er alles um sich herum vergisst.
Wie schon in den vergangenen Romanen halten sich bei Dahl (oder eher „Jan Arnald“, wie der Erfolgsautor wirklich heißt) auch hier wieder Innen- und Außenansicht, Psychologie und Action, Liebe und Gewalt die Waage.
Beziehungen zwischen Mann und Frau, Eltern und Kind, alten Freunden aus Jugendtagen spielen eine Rolle. Menschen stehen im Mittelpunkt, die in ihren Erinnerungen und aktuellen Lebensformen erstarrt sind, innerlich fast erfroren durch das was sie erlebt haben und dann doch noch eine Wiedergeburt erfahren dürfen.
Bei den Guten wie bei den Bösen ist es die gemeinsame Vergangenheit, die verbinden und im entscheidenden Moment doch trennen kann.
Wieder fließt Blut (und das nicht zu knapp), die Protagonisten geraten in tödliche Gefahr, es sterben Menschen … Gegen Ende jagt ein Höhepunkt den nächsten, die Spannung steigt fast ins Unerträgliche. Und obwohl das Schlimmste verhütet werden kann, so bleibt doch dieser gewisse metallische Nachgeschmack …
Nur gut, dass es am Ende doch noch eine Versöhnung gibt und das Prinzip Hoffnung erhalten bleibt …
Zu Recht hat Dahl für diesen Thriller den zweiten Platz beim Deutschen Krimi Preis 2005 belegt. Sarkastisch bis fast zur Schmerzgrenze und gleichzeitig witzig und spritzig begleitet er in unterschiedlichen Erzählsträngen Polizisten, Slawen, Maskenträger und jene jungen Menschen, denen man als Kinder so übel mitgespielt hatte und die nun versuchen, sich ihren Zipfel vom Glück mit Gewalt zu nehmen.
Wenn die bereits im Original vorliegenden weiteren drei Bände der Serie das halten, was die ersten drei auf Deutsch erschienenen schon auf so beeindruckende Weise vorgelegt haben, dann wird dieser Krimi Preis unter Garantie nicht der letzte für Arne Dahl gewesen sein!

Miss Sophie