Das Buch direkt bei Amazon bestellen Leif GW Persson Gabriele Haefs
Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Originaltitel: Mellan sommarens längtan och vinterns köld
Aus dem Schwedischen von Gabriele Haefs
Btb gebunden
ISBN 3-442-75140-3

Stockholm, ein Freitagabend im November: John Krassner, amerikanischer Journalist aus Albany, ist aus dem fünfzehnten Stock eines Studentenwohnheims gesprungen. Unfall? Oder Mord?
Für die herbeigerufene Polizei ist die Sache schnell klar: Der Mann ist freiwillig aus dem Leben geschieden. Noch dazu hat er eine äußerst poetische Abschiedsnotiz hinterlassen. Er habe sein Leben zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters verbracht. Etwas kryptisch zwar, aber dennoch eindeutig ein Zeichen des Abschieds. Die Sache wird zu den Akten gelegt.
Aber einer der höchsten Beamten, Kriminaldirektor Lars M. Johansson, momentan damit beauftragt, Ungereimtheiten in der Behörde selbst aufzuklären, traut dem Frieden nicht. Als im Absatz von Krassners Schuh dann auch noch ein Zettel gefunden wird mit der geheimen Privatadresse von Johansson und dem Zusatz »to an honest policeman«, beschließt dieser, der Sache nachzugehen – doch im Zuge seiner Ermittlungen wünscht er sich manchmal, er hätte sich anders entschieden …

Rezension:
Endlich soll Licht in den bisher noch ungeklärten Mord an dem schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme gebracht werden. Der Krimiautor Leif Persson verspricht im Vorab-Interview Insiderwissen, wie es wirklich gewesen sein könnte.
Wir fangen also einen dickleibigen, Spannung versprechenden schwedischen Krimi an. Die erste Seite ist originell, da geht es um Vindeln, 55, der von Kalle, 13, gerettet wird. Die erste Wendung auf der nächsten Seite ist überraschend. Weiter geht es um die vielen Männer im Stockholmer Polizeiapparat. Für jeden gibt es einen Abschnitt.
Hier wird dem (deutschen) Leser viel Geduld abverlangt, damit er die Namen nicht verwechselt, vielleicht liegt es auch trotz unendlicher Details an der oberflächlichen Beschreibung, so richtig lebendig werden diese "Ärsche" der Polizei nicht. Sollte jemand mal nach der Häufigkeit der Wörter suchen, stünden Arsch und Scheiße an erster Stelle.
Gähnend versucht der tapfere Leser dran zu bleiben. Soll es nicht irgendwann um Olof Palme gehen? Vorerst, und das bis Seite 70, dümpeln die Kommissare und Hilfspolizisten im Alltag herum. Es mag ja sein, dass die (Stockholmer) Polizei korrupt, verroht, primitiv etc. ist, und vielleicht wollte der Autor endlich mit den Wallanderklischees aufräumen, aber weiß das der geübte Krimileser nicht ohnehin?
Wenn selbst da stehen muss, holzhammermässig alle paar Absätze, dass es sich um den BESTEN Freund handelt, weil es sich dem Leser sonst nicht aus der Handlung erschließt, dann handelt es sich kurz gesagt um schlechte Schreibe.
Persson hätte sich doch an ein aufklärendes Sachbuch wagen sollen und nicht an einen Pseudoroman.
Zum Schluss sei gesagt, auch bis Seite 100 und darüber hinaus ist keine Rede vom Ministerpräsidenten und dass die Handlung in Schweden angesiedelt ist (was wir an Henning Mankells Landschaftsbeschreibung so lieben) oder dass sie in den 80er Jahren spielt (O. Palme wurde 1986 ermordet) erfährt man nicht. Hier hat der Autor vielleicht eine Austauschbarkeit mit anderen Großstädten beabsichtigt, erreicht hat er jedoch nur die Buchaustauschbarkeit.
Fazit: Aus einer guten Seite wird noch kein 700 Seiten Ding. Hätten das Lektorat oder der Autor selbst nur alle 699 anderen Seiten so sorgfältig wie die erste behandelt! Schade.

K. Ara

 

Gastrezension(en):


Name: Reinhard Boeckh
Email: rrb47@web.de
Datum: 31.7.2006 (13:54)

Ich habe gestern einen spannenden Sonntag auf der Couch verbracht und bin gerade bei Seite 188 angelangt, als ich eben die hiesige, vernichtende Rezension lese. Peinlich! Fragt sich nur für wen? K. Ara ist offenbar ein oberflächlicher Leser, denn anders als in der Rezension behauptet, informiert uns der Autor sehr wohl über die Orte des Geschehens wie auch die Epoche. "Stockholm im November" lautet der Titel des ersten Kapitels, "Stockholm, 70er und 80er Jahre" ein anderer, und so weiter. Ziemliche Böcke, oder? Das lässt mich dann auch an den restlichen Einschätzungen zu dem Roman zweifeln, der mir bis S. 188 ausgezeichnet gefällt. Gelegentlich bin ich zwar über sprachliche Merkwürdigkeiten gestolpert, doch da habe ich den Verdacht, dass es vielleicht an der Übersetzung liegen könnte... Also: Lassen Sie sich nicht von der Rezension K. Aras um die Lektüre eines spannenden, kritischen Polit-Thrillers bringen.