Sebastian Fitzek
Amokspiel
Knaur TB
Dieser Tag soll ihr letzter sein. Die renommierte Kriminalpsychologin Ira Samin hat ihren Selbstmord sorgfältig vorbereitet zu schwer lastet der Tod ihrer ältesten Tochter auf ihrem Gewissen.
Rezension:
Die vom Alkohol und Schicksal schwer gezeichnete Protagonistin steht kurz vor dem Abgrund.
Das alles wäre ja für die Beteiligten schon schlimm genug. Sehr viel diffiziler wird die Situation jedoch durch die Tatsache, dass der Geiselnehmer eine zunächst völlig absurd scheinende Bedingung stellt: Er will seine allem Anschein nach tödlich verunglückte Freundin sehen.
Was sich zwischen diesen mehr als 400 Seiten abspielt, ist Thriller, Action, Nervenkitzel pur. Dazu Polizeiroman, Liebesgeschichte, Eltern-Kind-Beziehungsdrama. Und immer mal wieder ziemlich abgefahren: Oder wie würden Sie sonst Reporter nennen, die Unfallbilder sammeln, einkleben und tauschen? In wieweit dies tatsächlich der Realität entspricht oder auf einen gelungenen Einfall des Autors zurückgeht, das weiß nur der promovierte Jurist und Medienmanns Fitzek selbst.
Der sich, wie es scheint, auf Psychiater und Psychologen spezialisiert hat, die ihrerseits aus familiären Gründen Belastungen ausgesetzt sind, die sie an ihre Grenzen bringen. Den schon in Die Therapie, Fitzeks Erstling, war der Protagonist ein Psychiater, dessen Trauma aus einem ganz persönlichen Verlust herrührte.
Dieser Roman schaffte übrigens in kürzester Zeit den Sprung an die Spitzen der Bestsellerlisten und auch beim vorliegenden Titel wäre es eher ein Wunder, wenn dies NICHT einträte.
Miss Sophie
ISBN 3-426-63309-4
Doch dann wird sie zu einem brutalen Geiseldrama in einem Radiosender gerufen. Ein Psychopath spielt ein makabres Spiel: Bei laufender Sendung ruft er wahllos Menschen an. Melden die sich am Telefon mit einer bestimmten Parole, wird eine Geisel freigelassen. Wenn nicht, wird eine erschossen.
Der Mann droht, so lange weiterzuspielen, bis seine Verlobte zu ihm ins Studio kommt. Doch die ist seit einem halben Jahr tot.
Ira beginnt mit einer aussichtslosen Verhandlung, bei der ihr Millionen Menschen zuhören
Im Fernsehen nannte man die Dinger früher Straßenfeger, Bücher dieses Kalibers heißen neudeutsch Page Turner, gemeint ist aber immer dasselbe:
Wenn eine fiktive Handlung so spannend ist, dass der Leser sich jegliche Aktivität, die nicht zum unmittelbaren Überleben notwendig ist, so lange verkneift, bis er durch die 40 Kapitel gehetzt ist und endlich, endlich erfahren hat, wie denn nun alles ausgeht. Nachdem, wohlgemerkt, jede Wendung der Handlung, die eine scheinbare Klärung der Verhältnisse zur Folge hatte, innerhalb von wenigen Seiten einen neuen Dreh in den Plot hineinbringt, das Ganze noch eine Spur heftiger, verzweifelter, brutaler macht.
Und glauben Sie nicht, es würde Ihnen anders gehen
!
Der Einsatzleiter ist ein Kotzbrocken, der sie hasst (was auf Gegenseitigkeit beruht) und alles, was sich nicht mit Waffengewalt lösen lässt, verachtet.
Der smarte SEK-Mann sitzt irgendwie zwischen allen Stühlen.
Und Auslöser für das Zusammentreffen all dieser Leute ist eine Geiselnahme, bei der ein zu allem entschlossener Kerl einen Haufen skurriler Typen im Studio eines Berliner Radiosenders zusammengepfercht hat. (Dessen Chefredakteur ein völlig durchgeknallter Pyromane und seine Mitarbeiter teilweise Mensch gewordenes Klischee vom aufgeblasenen Hörfunkwichtigheimer sind
- ein Schelm, der dem Autor und Ex-Radio-Programmdirektor hier unterstellte, er habe auf eigene Erfahrungen zurückgegriffen).
Doch was steckt dahinter? Wer ist er wirklich? Wer ist sie wirklich? Was haben all die anderen Personen, die sich dem Leser nach und nach präsentieren, eventuell zu verbergen? Und wird irgendjemand dieses verrückte Rennen gegen die Zeit gewinnen können, ohne dabei das Blut vieler unschuldiger Menschen zu vergießen?
Denn eines ist ganz klar: Wer diese Mischung aus viel Spannung, viel Blut, viel Gefühl und einer ganzen Reihe Wahnsinniger nicht in einem Rutsch durchliest, ist entweder blind oder schon tot!