Das Buch direkt bei Amazon bestellen Derek Meister
Rungholts Sünde

(2. Band)
Blanvalet TB
ISBN 978-3-442-36311-7

Lübeck, zur Passionszeit 1392:
Eine Hitzewelle erstickt die Stadt, doch den ehrbaren Bürgen gefriert das Blut in den Adern. Es werden Leichen gefunden, mit Steinen in der Brust an Stelle des Herzens.
Auf Bitten des Magistrats ermittelt der bärbeißige Patrizier Rungholt mit seinen Helfern Kapitän Marek und der aufgeweckten Chirurgin Sinje, deren kecker Widerspruchsgeist und medizinische Kenntnisse ihn ziemlich faszinieren.
Doch die Lösung des bizarren Falls liegt nicht in der Fremde, sondern bei Rungholt selbst: in seiner größten, ungesühnten Sünde – und bei einem frommen Wanderprediger …

Neugierig geworden? Umfangreiche Informationen sowie eine Lese- und eine Hörprobe finden sich auf dieser Webseite.

Rezension:
Der größte Sünder von allen, ist der Ermittler selbst: Jedenfalls fühlt sich Rungholt, der korpulente, raubeinige Lübecker Kaufmann und Ratsherr so, auf den Spuren eines Serienmörders in der mittelalterlichen Hansestadt.
Haben andere Ratsherren ein oder zwei Ablassbriefe, so hat Rungholt selbst ein ganzes Bündel.
"Wie ein schweres Fass, das nicht zu bremsen ist", mischt er in den Machenschaften seines Auftraggebers Kerkring, dem jungen, eitlen Richtherr, den der Leser schon aus dem ersten Teil (Rungholts Ehre) kennt. Plagten Rungholt in eben diesem noch kaum erträgliche Zahnschmerzen, so leidet er hier, wie auch schon in "Rungholts Ehre" angedeutet, unter Gewissensbissen. Einen faulen Zahn kann man ziehen, aber Tote nicht mehr lebendig machen.

Dies ist einer der gekonnten Schachzüge von Autor Derek Meister.
Berührungsängste hat Rungholt keine, so krempelt er nur den Ärmel hoch und wühlt mit bloßer Hand in einer halbverwesten Leiche, der das Herz fehlt, zieht eine Priester-Stola aus dem aufgesägten Brustkorb.

Derek Meister geht in diesem zweiten Fall mit seinem Ermittler noch mehr in die Tiefe.
Was in Rungholts Ehre noch Groteske war, ist hier Sarkasmus, was Schmerz war ist hier Leid. Archaische Bilder aus Rungholts grausamer Vergangenheit werden ab und zu eingeblendet und tragen sehr zur Verrätselung und Spannung bei.
Doch geht es keineswegs "bierernst" zu, das würde zu Rungholts Charakter schon gar nicht passen. Das ganze Buch über ist Fastenzeit, und Rungholt gelingt es einfach nicht, auf Starkbier und deftiges Essen zu verzichten oder er verstummt in Gegenwart von Frau und Tochter, sprich ist anfällig für Kochkunst und Mysterium Frau. Dann hat er in wichtigen Augenblicken nie seine Wachstafeln mit Griffel zum Aufschreiben dabei und wenn, dann liegt die Brille zu Hause.
Es gibt viele berührende Szenen, wie z. B. als sein bester Freund schnarchend im Krankenhaus an seinem dickem Bauch einschläft: "Der Alte hatte seinen Verband an Rungholts Schecke gekuschelt, wie ein Säugling seinen Kopf an Mutters Brust."

Derek Meisters Rungholt lässt sich in keine (Historien-Roman)Schublade pressen und ist erfrischend anders.
Große Unterhaltung und ein Abtauchen in weite Ferne so nah!

K. Ara