Das Buch direkt bei Amazon bestellen Elisabeth Herrmann
Die siebte Stunde

List TB
(2. Band Joachim Vernau)
ISBN 978-3548608549

Gemeinsam mit seiner alten Freundin Marie-Luise hat Joachim Vernau eine Anwaltskanzlei gegründet.
Bis sie so richtig floriert, übernimmt er an einer Berliner Privatschule die Jura AG, den Teen Court. Kleinere Regelverletzungen aus dem Schulalltag sollen hier diskutiert werden, um Rechtsempfinden und Gemeinschaftssinn zu stärken.
Hinter der Fassade der exquisiten Privatschule tun sich jedoch schon bald Abgründe auf. Der Selbstmord ihrer Mitschülerin Clarissa scheint die Jugendlichen zutiefst verstört zu haben. Doch war es tatsächlich Selbstmord?
Kaum stellt Vernau gezielt erste Fragen, geschehen an der Schule merkwürdige Dinge. Offenbar treibt jemand mit den Schülern ein grausames Spiel.
Als dann eine Schülerin vergiftet wird, lässt Vernau auch gegen den Willen der Schulleitung nicht mehr locker.

Rezension:
Diese Autorin geht von Anfang an in die Vollen, beginnt ihren brillanten Roman direkt mit einer Szene, die dem Leser den Atem verschlägt: Eine Krankenhausminiatur aus dem Jahr 1907 – im Mittelpunkt eine Wahnsinnige ...

Zeitsprung.
Heute.
Tag.
Und als Contrapunkt zum finsteren Einstieg die humorvoll unterfütterte Begegnung des Lesers mit ihm, Joachim Vernau, dem Protagonisten.

Der Mann ist Anwalt und ziemlich klamm, finanziell gesehen. Zu einem lukrativen Job an einer noblen Berliner Privatschule – Rechtskunde für solvente Schüler, deren wöchentliches Taschengeld höher ist als das Monatsgehalt ihrer Lehrer – muss er nicht lange überredet werden.
Zunächst.
Denn bald erkennt Vernau, dass etwas gewaltig stinkt in diesem Viertel, in dem es zwei Schulen gibt – jene besagte, an der die Schnellläufer in der 11. Klasse ihr Abitur ablegen und eine ganz andere, an der die Lehrerin an der Eingangstüre den Migrantenkinder aus der Achten zunächst ihre Klappmesser und Zigaretten abnehmen muss, bevor der Unterricht beginnen kann.
Und indem er eintaucht in eine ganz andere Welt kommt er einer ebenso beängstigenden, wie realen Bedrohung auf die Spur, die im Verlauf der Handlung noch mehr als ein Opfer fordern wird.

Es ist der Mix aus teilweise fast unerträglicher Spannung, skurrilen Figuren und Situationen, stets mit perfektem Timing, faszinierendem Hauptstadtflair und tragischer Realität, der diesen Roman so ausgesprochen lesenswert macht.
In zuweilen launiger Verpackung, aber doch sehr deutlich entlarvt Hermann jene Pseudopädagogen, denen zwar Mittel zur Verfügung stehen, von denen andere nur träumen können – „Der Fuhrpark bei der Abholung der Schüler gleicht dem Basislager von Paris-Dakar“ – die sich aber keinen Deut um das kümmern, was die ihnen anvertrauten Teenager tatsächlich bewegt.

Doch der Roman ist alles andere als eine „Schulgeschichte“, steht doch plötzlich ein faszinierendes Thema von psychologischer Brisanz im Raum, dem sich Vernau nur mit Hilfe seiner sympathischen, aber durchaus verschrobenen und ein wenig verrückten Freunde nähern kann.

Und es bleibt zu hoffen, dass Hermann sie auch in ihrem nächsten Roman zum Einsatz bringt, den „polnischen Gott der Autoschrauber“ mit seinen unvergleichlichen Oberarmmuskeln, Kevin, den Praktikanten, Vernaus Anwaltskollegin Marie-Luise, die schon mal im sündhaft teuren Hosenanzug kopflos aus einer Edelboutique flieht oder seine Mutter mit dem Hang zu avantgardistischer Klangkunst. Nicht zu vergessen, die sympathische Hauptschullehrerin ...

Fazit: Ein brillantes Buch, einfach genial, das man unbedingt gelesen haben sollte!

Miss Sophie