Das Buch direkt bei Amazon bestellen Michael Morpurgo Klaus Fritz
Warten auf Anya

Original: Waiting for Anya
Übersetzt von Klaus Fritz
Carlsen gebunden
ISBN 978-3-551-58146-4
(ab 12 Jahren)

Der zwölfjährige Jo verbringt seine Zeit am liebsten beim Schafehüten in den Bergen.
Seit sein Vater im Krieg ist, kümmert er sich allein mit seiner Mutter um Haus und Hof.
Eines Tages trifft er draußen auf einen Fremden, der ihm sein Geheimnis offenbart - und Jo um Hilfe bittet.
Von nun an ist in Jos Leben nichts mehr wie zuvor.

Rezension:
Es beginnt mit einer Bärenjagd - und was Schäferjunge Jo dann findet, ist mehr als ein mutterloses Junges: Es ist ein Jude, der sich in einem Einödhof in den französischen Bergen vor den deutschen Schergen versteckt.
Er wartet auf seine Tochter, von der er in den Kriegswirren getrennt wurde - und rettet in der Zwischenzeit jüdische Kinder, die er aufpäppelt und über die Grenze nach Spanien schmuggelt.
Wie Jo begegnet der Leser mit großen Augen, viel Skepsis sowie einer Mischung aus Erstaunen und Angst diesem fremden Mann und seiner komplett unverständlichen Situation.

Die Männer des Dorfes sind weg - einer gefallen, die anderen als Kriegsgefangene bei den "boches", den Deutschen, doch viel mehr weiß der Junge nicht über diesen Krieg.
Gesehen hat er bisher weder Panzer noch Soldaten, wer da warum gegen wen kämpft, das begreift der Elfjährige nicht.
Dann sind sie eines Tages plötzlich da, die "schwarzen Ritter" in ihren Helmen und Uniformen und Jo wird mitten hineingezogen in das Geschehen. Er tut, was er tun muss, riskiert sein Leben, um den Kindern zu helfen.

Das Dorf arrangiert sich derweil mit den Fremden - der katzbuckelnde Ladenbesitzer, der zurückgebliebene, gutmütige Hubert, der strenge, aber gerechte Lehrer, der Pfarrer, sogar Jos sonst so harter Großvater ... alle lassen sie eine friedliche Annäherung zu.
Dann überstürzen sich die Ereignisse und plötzlich wächst das ganze Dorf über sich hinaus.

Die Beschreibung dessen, was Jo und seine Familie, seine Freunde und Nachbarn fühlen und erleben, verdeutlicht mehr als viele gelehrte Worte in dicken Geschichtsbüchern, was dieser Krieg bedeutete für die Menschen jener Zeit.
Verfolgte, Besetzte, Besatzer - alle mussten permanent Entscheidungen treffen, sich immer wieder für einen Weg entscheiden und das stets mit dem Hintergedanken, beim ersten Fehltritt entweder mit dem Verlust der eigenen Menschlichkeit oder des Lebens oder gar beiden büßen zu müssen.

Eine hochemotionale Geschichte mit bittersüßem Ende, die nichts beschönt, viel Stoff zum Diskutieren und Nachdenken enthält und lange nachhallt.

Miss Sophie