Das Buch direkt bei Amazon bestellen Alan Bradley Gerald Jung Katharina Orgaß
Flavia de Luce. Mord im Gurkenbeet

(1. Band)
Originaltitel: The Sweetness at the Bottom of the Pie
Aus dem Englischen von Gerald Jung, Katharina Orgaß
Penhaligon gebunden
ISBN: 978-3-7645-3027-3
(ab 12 Jahre)

Die junge Flavia de Luce staunt nicht schlecht, als sie im ersten Morgenlicht eine Leiche im Garten entdeckt - ausgerechnet im Gurkenbeet!
Jeder hält ihren Vater für den Mörder, denn Colonel de Luce hat sich noch tags zuvor mit dem Verblichenen gestritten.
Nur ein einziger Mensch glaubt felsenfest an die Unschuld des Colonels - seine neunmalkluge Tochter Flavia. Schließlich ist der Ermordete vergiftet worden, und - ganz im Gegensatz zu Flavia, die eine begnadete Giftmischerin ist - ihr Vater hat nie Interesse an der Chemie des Todes gezeigt.
Also fragt Flavia in vermeintlich kindlicher Unschuld sämtlichen Zeugen Löcher in den Bauch. Hartnäckig folgt sie jeder noch so abwegigen Spur - bis sie einsehen muss, dass ihr Vater tatsächlich ein dunkles Geheimnis hütet.
Und so befürchtet Flavia, dass sie vielleicht eine zu gute Detektivin ist ...

Der Debütroman von Alan Bradley sorgte bereits vor Erscheinen für eine beispiellose Sensation: Er wurde mit dem renommiertesten Krimipreis der Welt ausgezeichnet, dem "Dagger Award" - auf der Basis eines einzigen Kapitels!

Rezension:
Im allerersten Absatz der Geschichte treffen wir die Ich-Erzählerin gefesselt und geknebelt in einem Wandschrank ... einen besseren Auftakt für eine ganz außergewöhnliche Reihe mit einer phänomenalen Protagonistin hätte man fürwahr nicht finden können!

Elf Jahre ist sie erst alt und vom Schicksal bereits ordentlich gebeutelt: Nicht nur, dass Flavias Mutter 10 Jahre zuvor verstarb und der Vater ein eher weltfremder Typ ist, nein sie ist auch noch mit zwei Schwestern von 13 und 17 Jahren geschlagen, um die sie wohl niemand beneidet!
Dieses dritte Kind ist anders als seine Schwestern - wäre manchmal gern der Junge, den sich der Vater wohl insgeheim gewünscht hat, geht den Dingen auf den Grund, und fühlt sich irgendwie schuldig am Tod der Mutter ...

Wir sind im England der 50er Jahre, auf einem etwas heruntergekommenen Landsitz in Lancashire und es ist ein Glück, dass zum Haushalt auch noch der alte Dogger gehört, ein ehemaliger Kriegskamerad des Vaters, der als "Bursche für alles" fungiert, denn von allen kümmert er sich noch am meisten um die wissensdurstige Halbwaise.

Wie gut es ist, dass die Protagonistin über jede Menge Mutterwitz und akkurate Bobachtungsgabe, viel Schneid und große Selbständigkeit (bei einem Leben, in dem das Kind überwiegend auf sich selbst gestellt ist, nicht wirklich verwunderlich) verfügt, zeigt sich im Moment der Not, als der Vater einer Tat verdächtigt wird, die er nach Flavias Gefühl nie und nimmer begangen haben kann.
Obwohl es da etwas gibt, das er ganz offensichtlich verbirgt ...

Keck und gewitzt erlangt diese Mini-Miss Marple die passenden Informationen von den richtigen Leuten, zuweilen geplant, dann wieder durch reinen Zufall.
Für die Zeit eher ungewöhnlich fährt sie Fahrrad und nutzt allerlei Dinge, die noch von ihrer toten Mutter stammen - obwohl (oder gerade weil?) diese von allen anderen konsequent totgeschwiegen wird.
Das bezopfte Mädchen ist bestechend clever - sie verbündet sich mit allerlei Dorfbewohnern (von der alten Bibliothekarin bis zur Tochter des Schankwirts) und erfährt auf diese Weise so einiges, das die kauzigen Dörfler der Polizei nie enthüllen würden.

Auch der Leser profitiert: Er lernt allerlei Nützliches - etwa, dass ein Zuckerbrot, doppelt gefaltet, im heißen Ofen nach dem dritten mal "Backe backe Kuchen" singen eine leckere Speise ergibt.

Am Ende kreist alles um eine lang zurückliegende Geschichte, in der eine seltene, gestohlene Briefmarke und der geheimnisvolle Tod eines Internatslehrers eine zentrale Rolle spielen.

Wenn etwas je "all ages" war, dann dieser ausgesprochen charmante Roman mit einem Hauch "Miss Marple" (en miniature), "Vier Freunde" (ohne drei andere Kinder und, ja, auch ohne Hund) - man fühlt die kratzigen Strickjacken der Protagonisten förmlich auf der eigenen Haut.
Spannend und unterhaltsam bis zum Schluss - und dennoch mit einem Hauch von Tragik, bedenkt man wie dieses einsame Mädchen irgendwie ziemlich allein mitten in einer Familie lebt, in der ihm nur das alte treue Faktotum Zuneigung entgegenbringt.

Aber wer weiß, vielleicht wird sich auch das in der Zukunft ändern?
Denn dass es künftige Fälle geben wird, einfach geben MUSS, ist absolut keine Frage!

Miss Sophie