Das Buch direkt bei Amazon bestellen Andreas Eschbach
Black Out

(1. Band)
Arena gebunden
ISBN 978-3-401-06062-0
(ab 12 Jahren)

Christopher ist auf der Flucht. Gemeinsam mit der gleichaltrigen Serenity ist er unterwegs in der Wüste Nevadas.
Irgendwo dort draußen muss Serenitys Vater leben, der Visionär und Vordenker Jeremiah Jones, der sämtlicher Technik abgeschworen hat, nachdem er erkennen musste, welche Gefahren die weltweite Vernetzung mit sich bringen kann.
Doch eine Flucht vor der Technik - ist das in den heutigen USA überhaupt möglich?
Serenity ahnt bald, auf was und vor allem auf wen sie sich eingelassen hat. Denn der schwer durchschaubare Christopher ist nicht irgendjemand. Christopher hat einst den berühmtesten Hack der Geschichte getätigt.
Und nun ist er im Besitz eines Geheimnisses, das dramatischer nicht sein könnte:
Die Tage der Menschheit, wie wir sie kennen, sind gezählt.

Rezension:
Wenn Eschbach eines aus dem FF kann, dann ist es, seine Leser ohne große Umschweife mitten hineinzuziehen in eine Wahnsinnsgeschichte - aus der sie erst mehr als 460 Seiten später entlassen werden, allerdings nicht ohne das Gefühl, das Erscheinen des nächsten Bandes kaum erwarten zu können.

Doch dazu später mehr.

Zunächst haben wir hier drei Jugendliche, von denen der Leser zunächst nur weiß, dass einer von ihnen - offensichtlich ein Hacker - von grenzenloser Verfolgungsangst gebeutelt wird, was die Geschwister, in deren Begleitung er sich befindet, für reichlich überzogen halten.
Und zwar genau so lange, bis sie mitten in Nevada aus Hubschraubern beschossen werden...

Genauso rasant wie dieser Auftakt ist der Rest der Geschichte, der in Rückblenden und aus mehreren Perspektiven erzählt wird.

So lernen wir Christopher kennen, einen Deutsch-Engländer, zum Zeitpunkt der Handlung 17 Jahre alt.

Aufgewachsen in Frankfurt, in der Gesellschaft eines gütigen Bilderbuch-Großvaters, der sich als Prothesenmacher für Landminenopfer engagierte, sowie einer ebenso wundervollen Großmutter, die erst spät Erfolge als Malerin feiern durfte.
Nicht zu vergessen seine Eltern: Eine zwar ehrgeizige, aber liebevolle Mutter, die lieber als Börsenhändlerin einer Bank Karriere machen als das Heimchen am Herd geben will, weswegen der Vater - gebürtiger Engländer - seine Tätigkeit als Computer-Experte weitgehend von zu Hause aus ausübt.
Was für den Sohn nicht folgenlos bleibt - wird er auf diese Weise doch schon im frühen Grundschulalter zum geschickten Programmierer und dann fast zwangsläufig zum genialen Hacker.

Wovon sich etwa vier Jahre vor Beginn der Handlung die ganze Welt überzeugen kann - dank eines von Christopher provozierten gigantischen Computerskandals, der dazu führt, dass die Familie nach England übersiedelt.
Dort werden Vater und Sohn in ein Hirnforschungsprojekt involviert, in dessen Zentrum die Koppelung von Computer und Gehirn stehen, Stichwort "Brain Computer Interface".

Ein Thema, das Eschbach mitnichten völlig aus der Luft gegriffen hat - wie ein Blick zum Beispiel auf die Website der "Berlin Brain-Computer Interface" zeigt, die an der Technischen Universität Berlin, Fachgebiet Maschinelles Lernen, seit einigen Jahre zum Thema "Schnittstelle zwischen Gehirn und Computer" forscht.

Reines Produkt seiner genialen schriftstellerischen Fantasie hingegen ist natürlich das, was dann passiert:
Das Projekt läuft aus dem Ruder, einer der Partner treibt es in eine Richtung jenseits des bisher Vorstellbaren, alles gipfelt darin, dass eine ständig größer werdende Gruppe von Menschen, die alle mental miteinander verbunden sind, die Weltherrschaft übernehmen möchte.

Jetzt kann nur einer helfen:
Kyles und Serenitys Vater, der mitsamt einer kleinen Gruppe Getreuer fälschlicherweise als bombenlegender Terrorist gesucht und nicht nur vom FBI verfolgt wird.
Was auch der Grund ist, dass der 22jährige Student Kyle, seine 17jährige Schwester Serenity und der gleichaltrige Christopher zusammenkommen.

Gemeinsam bieten sie der "Kohärenz" die Stirn - was für alle Beteiligte ein lebensgefährliches Unterfangen ist...

Eschbach springt vor und zurück, während er dem Leser seine Figuren immer näher bringt.

Gegenpol zu den actionreichen Szenen der Ist-Zeit, in der sich die Handlung tatsächlich abspielt, bilden dabei die Überlegungen von Jeremiah Jones, den sie "Den Propheten" nennen und der seine Aversion gegen Technik in oft ausgesprochen kluge und nachvollziehbare Gedankengänge kleidet.
Wenn er etwa Mobiltelefone für einen Quell großen Übels hält, weil eine ständige Erreichbarkeit dazu führt, immer nur kurzfristig planen und sich an keine festen Verabredungen mehr halten zu müssen, dann ist das durchaus eine bedenkenswerte Überlegung.

Auch an anderen Stellen beweist Eschbach, dass es ihm gegeben ist, seine Leser nicht nur durch James-Bond-artige Szenen und -Konzepte (wie die ausgeklügelten Verständigungssysteme der untergetauchten Ökos oder die Errettung in letzter Sekunde aus bedrohlichen Situationen aufgrund von Christophers ganz speziellen Fähigkeiten) zu fesseln.

Wenn er zum Beispiel erklärt, was den jungen Hacker als Kind am Aufbau von Computerprogrammen beeindruckt hat, dann wird diese Leidenschaft auch für den technisch so gar nicht versierten Leser erleb- und nachvollziehbar (auch wenn der sich trotzdem möglicherweise mehr am Knacken von Passwörtern und dem blitzschnellen Ritt durch die Computernetze, sowie ihrer Sabotage erfreut ;-)

Die Figuren der Outlaws, die sich um Dr. Jones geschart haben, sind außerordentlich vielschichtig und sympathisch - die zarte Liebesgeschichte zwischen Christopher und Serenity tut ein Übriges, um (vor allem) die weibliche Leserschaft begierig auf die Fortsetzung zu machen.

Vor allem aber natürlich ist es das Konzept der Verbindung zwischen Gedanken und Handlungen, zwischen menschlichem Gehirn und Maschine und im nächsten Schritt zwischen Mensch und Mensch, das nicht nur Jugendliche beispiellos faszinierend finden.

Würde man das wollen?
Nie mehr allein - aber auch nie mehr einsam sein?
Alles mit allen teilen?
Ohne Geheimnisse, ohne Streit, immer auf derselben Wellenlänge...?

Man darf gespannt sein, wie Eschbach seine Helden einen endgültigen Ausweg aus dieser Situation finden lässt.
DASS dies der Fall sein wird, liegt auf der Hand - und wird untermauert von dem Wahlspruch, den der "weise alte Mann" seinem jungen Weggefährten mitgibt und den sich mehr Menschen zu eigen machen sollten:
Was man für möglich hält und was nicht, bestimmt, was man erreichen kann oder eben nicht!"

Miss Sophie