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Wo die Löwen weinen

Theiss Verlag gebunden
ISBN 978-3-8062-2423-8

Ein Archäologe wird auf eine geheimdiensthaft-kryptische Weise nach Stuttgart gerufen und wittert seine große Chance: Bei Probebohrungen im Schlossgarten wurde eine rätselhafte antike Apparatur gefunden.
Ein Durchschnittsbürger, den die Wut über das Leben, seine Ungerechtigkeiten, der Zorn über die Willkür der Mächtigen zum Scharfrichter und Scharfschützen macht: präzise, geduldig, gefährlich.
Der Münchner Kommissar Rosenblüt, der auf der Spur eines Falles in seine schwäbische Heimatstadt zurückkehren muss, wo er bereits einmal den hohen Herren zu nahe getreten ist und daher die Stadt eigentlich für immer hinter sich lassen wollte.
Und ein Hund, ein rätselhafter, etwas verfetteter Streuner, dessen größtes Talent Heinrich Steinfest in seiner exzellenten, witzigen Sprache so beschreibt: "Niemand konnte so gut sitzen wie er. Eigentlich war es ein ästhetisches Verbrechen, diesen Hund zur Bewegung zu zwingen."

Rezension:
Im Stuttgarter Schlossgarten - ein inzwischen legendärer Platz der Parkschützer gegen das Bauprojekt Stuttgart 21 - befindet sich auch das Carl-Zeiss-Planetarium Stuttgart, ein futuristisch anmutender Bau, der im Jahre 1977 eröffnet wurde.
In Heinrich Steinfests Kriminalroman "Wo die Löwen weinen" verbirgt dieses Planetarium ein rätselhaftes und höchst brisantes Geheimnis: einen Zugang zu einer unterirdischen, geheimnisvollen Maschine, die sich mithilfe eines Spiegels als unverrückbare bronzene Kriegerin herausstellt, die noch dazu schwanger ist. Als wenn die Projektbetreiber von Stuttgart 21 nicht schon genug andere Probleme hätten...
Doch das ist nicht die Sorge Steinfests, denn wie schreibt er so treffend im Anhang: "Sicher wird die Frage kommen, wieso ich keinen sympathischen S-21-Betreiber eingeführt habe. Aber wie denn? Ich habe mich umgesehen und keinen entdeckt."
So aber spielen andere im Roman eine wesentliche Rolle: der altbekannte, intellektuelle Kommissar Rosenblüt, ein Stuttgarter, der noch in Cheng-Zeiten nach München strafversetzt wurde oder ein aus Österreich stammender Archäologe, der vor allem durch seine Seiltanzkünste glänzt (möglicherweise ein typisch österreichisches Phänomen), sowie der biedere Stuttgart-Forscher Hans Tobik, der den Mächtigen die Angst zurückbringen möchte. Und ein Hund namens Kepler ist auch mit von der Partie, einerseits an Chengs Lauscher erinnernd, andererseits natürlich mit eigenem Willen ausgestattet - einer Art ruhenden Widerstands.
Lange Zeit dominiert die Handlung dieses Kriminalromans kein Gewaltverbrechen sondern Erpressung, illegaler Waffenhandel und ein möglicherweise bewusst misslungenes Attentat, um schlussendlich doch noch bei einer Leiche anzukommen. Doch Steinfest wäre nicht nämlicher, wenn diese Umstände und die Strukturen des Kriminalromans nicht nebensächlich wären. Ganz andere Geschichten stehen im Mittelpunkt, Geschichten, die das Leben schreibt oder schreiben würde, wenn es die Zeit dazu hätte.
Stuttgart 21 hat nicht nur die Landtagswahl 2011 in Baden-Württemberg spürbar beeinflusst, sondern in "Wo die Löwen weinen" eine Art literarischen Nachlass erhalten, der durch die Feder Heinrich Steinfests auch in den Köpfen der Menschen nachhaltig festgeschrieben ist.

Rudolf Kraus